Diese Ausgabe downloaden (zip ca. 284kb) |
Diese Seite ausdrucken
|
Heinz von Foerster hat das Spektrum der Bestimmungsversuche der Kybernetik sinnbildlich als "wunderbaren Regenbogen" bezeichnet und ausgeführt: "Das ist das Faszinierende an der Kybernetik: Man fragt ein paar Leute nach einer Definition - und erfährt sehr wenig über die Kybernetik, aber eine Menge über den Definierenden, sein Spezialgebiet, seinen Bezug zur Welt, seine Lust mit Metaphern zu spielen, seine Begeisterung für das Management, sein Interesse an Kommunikations- oder Nachrichtentheorien."kybernetiknet"Cybernetics is a way of thinking,
das virtuelle Kybernetik-Magazin
the virtual cybernetic magazineausgabe 1 - januar 2000 - issn 1439 - 8850
not a collection of facts"
[Erklärung der American Society for Cybernetics]
Ich heiße Sie im kybernetiknet herzlich willkommen.
Bestimmungsversuche zur Kybernetik "Berliner November
1999"
Grußwort an die Teilnehmer des Symposiums
Programm des "Berliner November 1999"
unter dem Thema "Kybernetische Visionen - (Re)Vision der Kybernetik"
Kurzfassungen der Referate
Erstmalige Verleihung des Preises für Gesellschafts- und Organisationskybernetik Weitere wichtige Artikel mit kybernetischem Bezug (s.a. unter "Links")"Ein Zweig der Mathematik, der sich mit den Problemen der Steuerung, der Rekursivität und der Information befaßt". [Gregory Bateson in "Geist und Natur"]
"Forschungsrichtung, die vergleichbare Betrachtungen über Gesetzmäßigkeiten im Ablauf von Steuerungs- und Regelungsvorgängen in Technik, Biologie und Soziologie anstellt". [Duden]
"Wie im allgemeinen bekannt ist, spricht man von Kybernetik, wenn Effektoren, wie z. B. ein Motor, eine Maschine, unsere Muskeln usw. mit einem sensorischen Organ verbunden sind, das mit seinen Signalen auf die Effektoren zurückwirkt". [Heinz von Foerster in "KybernEthik"]
Für Stafford Beer, Unternehmens- und Managementberater, ist sie "die Wissenschaft der Organisation".
"Als eine experimentelle Erkenntnistheorie, die sich mit der Erzeugung von Wissen durch die Kommunikation innerhalb eines Beobachters und jene zwischen einem Beobachter und seiner Umwelt beschäftigt", bezeichnet sie der Neuroanatom, Logiker und Philosoph Warren McCulloch.
Der Anthropologe Gregory Bateson betonte, "daß die Naturwissenschaften sich mit Materie und Energie beschäftigt hatten und daß die neue Wissenschaft der Kybernetik sich mit Formen und Mustern befaßt".
Für den Erziehungstheoretiker Gordon Pask ist die Kybernetik "die Kunst der Manipulation akzeptabler Metaphern, die zeigt, wie diese konstruiert und was aus ihrer Konstruktion für Schlüsse gezogen werden können".
Jean Piaget verstand im Alter "die Kybernetik als das Unternehmen, die Prozesse der kognitiven Anpassung des menschlichen Verstandes zu modellieren".
"Die Kybernetik ist für mich ein metadisziplinäres (das heißt übergeordnetes) Gebiet, kein interdisziplinäres, da sie Begriffe und Begriffsmuster entwickelt und klärt, die neue Erkenntniswege in einer Vielfalt von Erfahrungsbereichen eröffnen", schreibt Ernst von Glasersfeld in "Radikaler Konstruktivismus".
Heinz von Foerster, wird gerne als "Sokrates des kybernetischen Denkens" bezeichnet. Er hat mit den Pionieren der Kybernetik, Norbert Wiener, Warren McCulloch, John von Neumann zusammengearbeitet. Er sagt: "...Die Kybernetik erster Ordnung trennt das Subjekt vom Objekt, sie verweist auf eine vermeintlich unabhängige Welt 'da draußen'. Die Kybernetik zweiter Ordnung oder die Kybernetik der Kybernetik ist selbst zirkulär: Man lernt sich als einen Teil der Welt zu verstehen, die man beobachten will. Die gesamte Situation der Beschreibung rutscht in einen anderen Bereich, in dem man plötzlich für seine eigenen Beobachtungen die Verantwortung übernehmen muß."
Unter anderem habe ich in den Definitionsbemühungen auch die Begriffe Kommunikation und Rückkopplung angesprochen. Dazu zum Abschluß noch folgende Definitionen:
Zunächst zur Kommunikation:
"Als kommunikatives Verhalten bezeichnen wir als Beobachter solches Verhalten, das im Rahmen sozialer Koppelung auftritt; als Kommunikation bezeichnen wir jene Koordination des Verhaltens, die aus der sozialen Koppelung resultiert". [Humberto R. Maturana in "Der Baum der Erkenntnis"]
"Es sei von Anfang an darauf verwiesen, daß wir die beiden Begriffe Kommunikation und Verhalten hier als praktisch gleichbedeutend verwenden" und
"Ein Organismus braucht für sein Überleben... auch ausreichende
Information über seine Umwelt. In diesem Sinne sind Kommunikation
und Existenz zwei untrennbare Begriffe".
[Paul Watzlawick in "Menschliche Kommunikation"]
Und scließlich zur Rückkopplung:
"Positive Rückkopplungen in einem System sind Beziehungen, in denen eine Variable sich direkt oder indirekt selbst so beeinflußt, daß ihre Vergrößerung zu ihrer weiteren Vergrößerung führt und ihre Verkleinerung zu ihrer weiteren Verkleinerung" [Dietrich Dörner in "Die Logik des Mißlingens"
Weitere Definitionen finden auch Sie in Beats Biblionetz.
willkommen zum Berliner November 1999 !
Das letzte Symposium in diesem Jahrhundert soll noch einmal verdeutlichen,
"daß der Begriff Kybernetik in Übereinstimmung mit Hermann
Schmidt und Norbert Wiener sowie unserer Tradition nicht auf die Theorie
und Technik der Regelung beschränkt, sondern allgemein als Beschäftigung
mit der Übertragung und Verarbeitung von Information unter Verwendung
analytischer , modellierender, messender und kalkülisierender Methoden
zum Zwecke von Prognosen (A. Comte) und Objektivationen (H. Schmidt) zu
verstehen ist".
Die diesjährigen Beiträge schlagen den Bogen von der Anthropo-(Human-)kybernetik
über die Bio- und Konstrukt- bis zur Allgemeinen Kybernetik. Breiteren
Raum nimmt diesmal die Philosophie der Kybernetik - die Kybernetik der
Philosophie ein und ich glaube, daß auch die Gedanken zur Kybernetik
der Kybernetik nicht zu kurz kommen.
Namens und im Auftrag des Direktoriums und der mitveranstaltenden Sektion
Kybernetik der Internationalen Akademie der Wissenschaften - Akademio Internacia
de la Sciencoj (AIS) - San Marino spreche ich allen Referenten herzlichen
Dank für ihre Vorbereitungen zu den Beiträgen, die wir
(möglichst) im kommenden Jahr in einem Sammelband veröffentlichen
wollen, gleichzeitig allen Teilnehmern für Ihr Kommen aus. Ich bin
mir sicher, daß die zu erwartenden herausragenden Beiträge uns
zwei interessante Symposiumtage bescheren werden.
Krönender Abschluß unseres Symposiums wird am Sonntagmorgen
die erstmalige Verleihung des neuen "Preises für Gesellschafts- und
Organisationskybernetik, Philosophie und Geschichte der Kybernetik" an
den Kybernetiker und Philosophen Herbert Stachowiak sein.
Berlin, im November 1999
Programm
des Symposiums
"Berliner November 1999"
von Freitag, 26., bis Sonntag, 28. November 1999,
an der Humboldt - Universitaet zu Berlin
Kybernetische Visionen - (Re) Vision der Kybernetik
Freitag, 26. November 1999
14:00 Uhr: Oeffnung des Tagungsbueros
14:30 Uhr: Begruessung durch die Tagungsleiter Professor Dr. Bengt-Arne
Wickström, Berlin und Professor Dr. phil. habil. Heinz Lohse, Leipzig
Arbeitsgruppe 1:
Wissenschaftsorganisation - Organisationskybernetik
Leitung: Professor h. c. Dr. Siegfried Piotrowski
Beitraege/Referenten:
14:40 Uhr: "Grundregeln der Bildungsorganisatorik "
Prof. Dr. AN, Wenzhu
15:00 Uhr: "Aktuelle Anmerkungen zur Reorganisation und Revision der
Kybernetik"
Prof. em. Dr. habil. Dr. h. c. Helmar G. Frank
15:20 Uhr: "Informationstechnologie und Kybernetik"
Prof. h. c. Dr. Siegfried Piotrowski
16:00 Uhr: Kaffeepause
16:20 Uhr: "Was muß sich an der Bildung in Deutschland ändern
?"
Prof. Dr. phil. habil. Heinz Lohse
16:40 Uhr: "Die amerikanische Kybernetik in der DDR: dialektische Beziehungen
?"
Dr. phil. Dipl.-Ing. Jerome Segal
17:00 Uhr: "Theorie der Paradigmen"
Baumeister Rudolf-Robert Davideit
18:15 Uhr: Sitzung der Jury zur Vergabe des neuen Preises
Samstag, 27. November 1999
Arbeitsgruppe 3:
Kybernetik des Lehrens - Lehren der Kybernetik
Leitung: Professor em. Dr. habil. Dr. h. c. Helmar G. Frank
Beitraege/Referenten:
09:00 Uhr: "Bildungskybernetische Tradition und neuere Lehrprogramme"
Dr. Klaus Karl
09:40 Uhr: "Kybernetisches Modell der 'Kompenetration'"
Mag. Georgine Lánský
10:20 Uhr: Kaffeepause
10:40 Uhr: "Wissenschaftstheoretische Konsequenzen des Verhaeltnisses
von Bildung und Kybernetik"
Prof. Dr. K. F. Wessel
11:20 Uhr: "Multimediale Lehrstoffaufbereitung am Beispiel Kryptographie"
Dr. Friedrich G. Zuther
12:00 Uhr: "Die Verantwortung des Computers: Eine Herausforderung fuer
Bildung und Wissenschaft"
Prof. Dr. Gerd K. Hartmann
12:40 Uhr: Mittagspause
Arbeitsgruppe 2:
Philosophie der Kybernetik - Kybernetik der Philosophie
Leitung: Professor em. Dr. Dr. h. c. Alfred Locker
Beitraege/Referenten:
14:00 Uhr: "Transklassische Ueberschreitung als Zukunftsvision von
Kybernetik und Allgemeiner Systemtheorie"
Prof. em. Dr. Dr. h. c. Alfred Locker
15:00 Uhr: "Grundformen wissenschaftlichen Denkens im Gewand der Kybernetik"
Prof. em. Dr. phil. Herbert Stachowiak
16:00 Uhr: Kaffeepause
16:20 Uhr: "Zur Moeglichkeit eines Informationsfeldes"
Prof. Horst Voelz
17:00 Uhr: "Eine polykontexturale Systemtheorie und deren Konsequenzen"
Prof. Dr. Eberhard von Goldammer
Sonntag, 28. November 1999, 11:00 Uhr
Kleiner Festakt zur erstmaligen Verleihung des neuen
"Preis(es) fuer herausragende Beitraege zur Gesellschafts- und und Organisationskybernetik, Philosophie, Geschichte und gesellschaftlichen Relevanz der Kybernetik"
des
Institut fuer Kybernetik Berlin e. V. / Gesellschaft fuer Kommunikationskybernetik
und der
Sektion Kybernetik der Internationale Alkademie der Wissenschaften
Akademio Internacia de la Sciencoj (AIS) San Marino
Preistraeger ist der Kybernetiker und Philosoph Professor em. Dr. phil. Herbert Stachowiak, Emeritus der Universitaet Paderborn und Honorarprofessor der Freien Universitaet Berlin
* Menuett, Georg Phillip Telemann
* Begruessung durch den Dekan der Sektion fuer Kybernetik der AIS
Professor Dr. Bengt-Arne Wickstroem, Institut fuer Finanzwissenschaft,
HUB
* Begruessung durch den federfuehrenden Direktor des IfK/GKK
Professor Dr. phil. habil. Heinz Lohse
* "Wie kam es zu dem heute erstmals zu verleihenden Preis ?"
Honorarprofessor Dr. Siegfried Piotrowski
* "Zur Such- und Findungsphase des ersten Preistraegers"
Professor em. Dr. habil. Dr. h. c. Helmar G. Frank
* "Zum Wissenschaftsideal des Herrn stud. math. nat. Herbert Stachowiak
Privatdozent Dr. Ekkehard Hoextermann
* Rondo, Ferdinand Call
* Laudatio
Professor em. Dr. Dr. h. c. Alfred Locker, Wien
* Verleihung des Preises an Herrn Professor em. Dr. phil. Herbert Stachowiak,
Berlin
durch den Sprecher der Jury, Honorarprofessor Dr. Siegfried Piotrowski
* Dank- und Grussworte
* Cappriccio, Hansjoachim Kaps
* kleiner Empfang
(Es spielt das Gitarrentrio der Musikschule Berlin Mitte: Jennifer
Schattmeier, Ralf Bierent und Diana Dressler)
Einen kurzen Bericht über den Berliner November finden Sie in der
Ausgabe 12 von europa dokumentaro im Internet unter
http://www.europa-dokumentaro.de
Begründer von neuen Wissenschaften und Wissenschaftszweigen folgen
Visionen. Von diesen hängt ab, über welche Forschungsgegenstände
sie welche Fragen stellen und mit welchen Methoden nach Antworten suchen.
Die so begründete Wissenschaft wird dann, wo sie auf Interesse stößt,
zunächst auch von der übrigen wissenschaftlichen Welt so gesehen.
Problematisch wird es, wenn - wie im Falle der Kybernetik - mehrere Pioniere
unabhängig voneinander unterschiedlichen aber doch zusammenhängenden
Visionen folgten, so dass für die übrige wissenschaftliche Welt
ein Freiheitsspielraum bei der Definition der neuen Wissenschaft entsteht.
So kann zu den kybernetischen Visionen der Väter diese oder jene Vision
ihres Geschöpfes "Kybernetik" hinzukommen, wobei der eine diesen,
der andere jenen Pionieren die Vaterschaft zuschreibt.
Eine Re-Vision der so entstandenen Sekundärliteratur kann ihre
Entscheidungen auf das abstimmen, was sich in der organisierten Kybernetik
bewährte. Bewährt hatte sich bisher die älteste internationale
Kybernetik-Gesellschaft (die Association Internationale de Cybernétique).
Ihre Kybernetik-Vision deckt sich mit dem Leitbild, dem die derzeit weltweit
einzige, regelmäßig erscheinende kybernetische Fachzeitschrift
(nämlich die GrKG/Humankybernetik) ebenso folgt, wie die wahrscheinlich
einzige universitäre Bildungseinrichtung, in deren Organisationsstruktur
die Kybernetik gleichrangig neben den Naturwissenschaften und den Geistes-,
Gesellschafts- und Kulturwissenschaften eingeordnet ist (nämlich die
AIS). In dieser gemeinsamen Vision erscheinen Schmidt, Zuse, von Neumann,
Shannon und Wiener als Kybernetik-Väter, deren unterschiedliche Sichtweisen
es systematisch zu einer Gesamtsicht der Kyberntik so zu verbinden gilt,
dass sie zugleich eine gemeinsame Perspektive für die organisatorischen
Bemühungen um die Weiterentwicklung dieser Disziplin eröffnet.
Das wurde im Fachschrifttum versucht.
Inzwischen erscheint aus verschiedenen Gründen eine neue Re-Vision
angemessen. Die Kybernetik-Jünger, welche wenigstens einigen der Väter
noch persönlich begegneten und ihnen folgten, beginnen sich aus dem
wissenschaftlichen Arbeitsleben zurückzuziehen. Die Association Internationale
de Cybernétique geriet in eine organisatorische Krise; ihre Kongresse
werden (wie Kongresse schlechthin) als wissenschaftliche Kommunikationsform
fragwürdig. Auch Fachzeitschriften, Monographien und Sammelbände
fallen neuen Informationstechniken zum Opfer. Wie kann deren Nutzung so
organisiert werden, dass Bewährtes als Grundlage von Neuem bewahrt
und damit die Kybernetik als fortschrittliche Wissenschaft gegenüber
der Gefahr gesichert wird, unfruchtbaren Modeschwingungen anheimzufallen?
Lassen Sie mich Ihnen zunächst in Erinnerung rufen, wie vielfältig
Kybernetik in der Vergangenheit und der Gegenwart definiert wird. Ich glaube,
daß das recht wichtig für die vor uns liegenden inhaltlich völlig
verschiedenen Beiträge ist. Denn morgen Abend werden wir feststellen,
daß wir Kybernetik immer noch nicht abschließend definiert,
aber vielleicht einige weitere ihrer Facetten entdeckt und angesprochen
haben.
Wiener und Schmidt habe ich einmal als "Väter der Kybernetik"
bezeichnet. Unser Institut für Kybernetik vergibt seit einigen Jahren
den "Wiener-Schmidt-Preis", also beginne ich natürlich mit Definitionen
von ihnen:
Bei Norbert Wiener, dem Mathematiker, heißt es, "Kybernetik
sei die Wissenschaft von der Regelung und der Nachrichtenübertragung
in Lebewesen und Maschinen".
Schmidt hat sich stets damit beschäftigt, die Frage zu klären,
worin die fehlende, für das Verständnis der Kybernetik notwendige
Einsicht bestehen möge. Aus einem Geleitwort, das er 1966 zum Erscheinen
des "Lexikon der kybernetischen Pädagogik und der Programmierten Instruktion"
schrieb, zitiere ich ihn wie folgt: "Wir gewinnen die fehlende Einsicht
dadurch, daß wir die technisch organische Analogie theoretisch und
praktisch im universalgeschichtlichen Zusammenhang mit dem Menschen sehen.
Wir betrachten dazu den technischen Regelkreis als das Produkt eines universellen
Geschehens, durch das sich die psychophysische Grundrelation des Menschen
zur Natur objektiviert, wobei die Natur auf die Form der Kreisrelation
gebracht wird. Mit dieser, die technisch-organische Analogie begründenden
Form bringt der Verstand die Mannigfaltigkeit der Erfahrung zur Einheit;
mit ihr eint die Vernunft Denken und Handeln und mit ihr kommt sie zu sich
selbst".
In meinem Beitrag beschäftige ich mich zum einen mit Kybernetik
im allgemeinen und zum anderen mit dem, was man heute als "Informationstechnologie"
bezeichnet, die ohne die Kybernetik undenkbar wäre.
(Anmerkungen: Eine Kurzfassung des
Referats "Was muß sich an der Bildung in Deutschland ändern"
von Professor Dr. phil. habil. Heinz Lohse liegt leider nicht vor.
Infolge Krankheit konnte Herr Dr. Dittmann sein Referat bedauerlicherweise
nicht halten. Wir stellen die Kurzfassung dennoch vor. Herr Dr. phil. Dipl.-Ing.
Jerome Segal, der bei einigen Projekten eng mit Dr. Dittmann zusammengearbeitet
hat, hielt stattdessen das leider nicht in einer Kurzfassung verfügbare
Referat: "Die amerikanische Kybernetik in der DDR: dialektische Beziehungen
?"
Es ist beabsichtigt, im Rahmen von "workshops" Zeitzeugen kybernetischen
Wirkens in der früheren DDR zu befragen und nach deren Aussagen
dann den Versuch zu machen, die großen Leistungen niederzuschreiben
und in einem Band der wissenschaftlichen Nachwelt vorzulegen und zu erhalten.)
Norbert Wiener entwickelte 1948 in dem Buch "Cybernetics" eine neue,
übergreifende Denk- und Betrachtungsweise. Unterschiedliche Phänomene
in der Natur, der Technik und der Gesellschaft konnten nun durch Abstraktion
auf die informationelle Ebene mit gleichen Modellen beschrieben werden.
Rasch entwickelte sich die Kybernetik zu einer Wissenschaft mit univeralistischem
Anspruch, deren Begriffe und Denkmodelle in fast allen Natur-, Geistes-
und Sozialwissenschaften regelrecht aufgesogen wurden.
Der Vortrag geht der Rezeption der Kybernetik in der DDR nach. Zunächst
als "bürgerlich" und "idealistisch" abgelehnt, fanden kybernetische
Modelle ab Mitte der 50er Jahre Eingang in die Gesellschaftswissenschaften
der DDR. Als Protagonist ist hier vor allem der Philosoph Georg Klaus zu
nennen. Die fast euphorisch zu bezeichnende Stimmung fand ihren Niederschlag
auch in offiziellen Parteidokumenten. Kybernetische Methoden sollten einerseits
helfen, die politischen Leitungsprozesse der DDR-Gesellschaft besser zu
durchdringen. Andererseits bestand die große Hoffnung, damit die
zentrale Wirtschafts-
planung wesentlich zu qualifizieren. Daß sich trotz vieler Aktivitäten
nicht die gewünschten Erfolge einstellten, hatte verschiedene Ursachen.
Manche Vorstellungen waren einfach illusionär, weitere Pläne
scheiterten an der mangelhaften Durchdringung und Modellierung der Prozesse,
wieder andere an der unzureichenden Hardware. Ein rasches Ende fand die
Rezeption kybernetischer Ideen in den DDR-Gesellschaftswissenschaften zu
Beginn der 70er Jahre aber durch das Eingreifen der SED-Führung. Diese
reagierte harsch auf die reale Tendenz, daß die Anwendung kybernetischer
Modelle in vielen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft immer mehr
die ideologischen Grundlagen zu verdrängen drohte.
Ihr Kollege Herbert Stachowiak war der Erste, welcher sich in der Lage
und gemüßigt sah, mir im Jahre 1990 eine timulierende Kritik
zu erstellen.
Noch einmal: Vielen Dank, Herr Professor Stachowiak.
Der führende 'ostdeutsche' Kybernetiker Professor M. Peschel,
Groß Schönau, hat eine Halbwertlogik entwickelt, welche auf
meine TdP anwendbar ist.
Das Ergebnis dieser ideellen Verbindung von Turboladern auf mecklenburgische
Stuerköpfigkeit, stelle ich hiermit ausschnittsweise der geladenen
Öffentlichkeit vor.
> <
In Maturana und Varela (s. a. "Der Baum der Erkenntnis" S. 148/49) habe
ich in meiner Art der "Modellbildung mit GuV" weitere schwergewichtige
Mitstreiter.
Maßgebend für mich ist aber meine praktische Tätigkeit
in Entwurf (init.), Berechnung (Att.), Menschenführung (rep.) und
Erstellung (Gen.) von Bauvorhaben (Sep.) zum Wohle des Bauherrn (Orbit)
mit den Mitteln meiner Theorie der Paradigmen.
Grau ist alle Theorie.
Die Flut neuer „multimedialer" Lernhilfsmittel für Kinder, vor
allem unter der Bezeichnung „Lernsoftware" bekannt, fordert altgediente
didaktische Programmierer dazu heraus, nach der pädagogisch-psychologischen
Qualität dieser Mittel zu fragen. Auf diese Frage werden sie zweifellos
- wenn sie ohne Vorurteile sind - abhängig vom konkretem Produkt und
von den jeweils zugrunde gelegten Maßstäben und Kriterien -
sehr differenzierte Antworten finden. Aufschlussreich ist, dass viele Bewertungskriterien
älterer und neuerer Kataloge einander entsprechen. Im Vortrag steht
jedoch weniger eine pädagogische, sondern eher eine bildungskybernetisch-begriffliche
Fragestellung im Vordergrund: Inwieweit bestehen zwischen den „klassischen"
Lehrprogrammen und jenen Hilfsmitteln - hier als „neuere Lehrprogramme"
bezeichnet - strukturelle Ähnlichkeiten, d. h. Ähnlichkeiten
in ihrem formalen Aufbau? (Dieser ist freilich nicht ohne pädagogischen
Bezug.) Mit einem solchen Zugang wird beabsichtigt, nach Möglichkeiten
zu suchen, bildungskybernetische Begriffsbildungen unter neuen Bedingungen
wieder fruchtbar zu machen.
Der Begriff des klassischen Lehrprogramms baut auf dem Begriff des
Lehralgorithmus auf, welcher durch die Begriffe „Lehrschritt", „Adressatenreaktion"
und „Makrostruktur des Lehralgorithmus" näher erklärt wird (vgl.
z. B. Lexikon der Kybernetischen Pädagogik, 1993). Mit dem Begriff
des Lehrschritts ist der von Prochnow (1964) eingeführte Begriff des
Komplexes verwandt. Ein Lehrprogramm wird als eine Folge von Komplexen
aufgefaßt, wobei ein Komplex ein geordnetes Quadrupel K = [T, Z,
A, S] darstellt (T bezeichnet einen Textteil, Z eine Frage bzw. Aufgabe
für den Adressaten, A eine Kollektion von Antwort-Angeboten und S
den sog. Strukturoperator). Der Operator S, der den Zusammenhang eines
gegebenen Komplexes mit anderen Komplexen im Lehrprogramm aufgrund der
Adressatenreaktionen organisiert, ist im Grunde ein spezieller Ausdruck
für die algorithmische Struktur des Programms. Durch Spezifikationen
der vier Elemente eines Komplexes gelang es in den sechziger Jahren, gewisse
klassische Typen von Lehrprogrammstrukturen unter einheitlicher Sicht zu
beschreiben.
Als präzisierte Problemstellung wird gesehen, ob man auch neuere
Lehrprogramme komplextheoretisch beschreiben kann.
Neuere Lehrprogramme setzen vor allem Grafiken, Animationen, Filmsequenzen,
das gesprochene Wort und Klänge ein. Das geschriebene Wort spielt
demgegenüber eine geringere Rolle. Die praktische Programmierungsarbeit
vollzieht sich in der Regel mit Hilfe von Autorensystemen. An die Stelle
algorithmusbezogener Hilfsmittel (Flußdiagramme u. a.) treten oft
Drehbücher. Damit wird man den verschiedenen medialen Ebenen leichter
gerecht (Film/Bild/Ton/Text). Die Analyse kurzer Ausschnitte aus einem
Drehbuch läßt nun vermuten, daß auch neuere Lehrprogramme
als eine Folge von Komplexen im oben genannten Sinne aufgefasst werden
können. Bei entsprechenden Versuchen erweist es sich als zweckmäßig,
neue Typen von Komplexen („Grafik-Komplex", „Klang-Komplex" u.a.) und neue
Typen der Elemente T, Z, A, S zu konstituieren - gewissermaßen als
Ausdruck für eine Anpassung der Komplextheorie an die neuen Bedingungen.
Dies bedeutet aber nichts anderes, als dass die Strukturen klassischer
und neuerer Lehrprogramme mit gleichen Begriffen beschreibbar sind, so
dass sich in dieser Hinsicht eine Trennung zwischen „klassisch" und „neu"
erübrigt. Das weckt bescheidenen Hoffnungen derart, dass sich die
Bildungskybernetik noch einmal nützlich machen kann.
Kommunikation ist dann besonders effektiv und übermittelt optimal
- so weit es überhaupt geht - die betroffenen Nachrichten, wenn die
teilnehmenden Kommunikationspartner bereit und imstande sind, sich auf
einander einzustimmen. Diese Einstimmung, die in anderen Zusammenhängen
als positive Verstär-kung im Rahmen der selektiven Wahrnehmung umschrieben
wird, zeigt auffal-lende Analogie zu einem Phänomen, das der italienische
Philosoph Giovanni Gentile „compenetratio" genannt hat. Er hat sich damit
auf etwas bezogen, das er also sinngemäß als die gemeinschaftlich
gegenseitige Durchdringung der Geister bezeichnet. Übertragungen des
italienischen „compenetratio" in die deutschsprachige, geisteswissenschaftlich
pädagogische oder philosophische Terminologie lauten: „gegensetige
Durchdringung" der Geister / der Seelen bzw. der Akt des Transzendierens
zum „Ego" des Gegenübers oder das Werden des transzendentalen Egos.
Nur wenn etwas derartiges passiert, kann in diesem Akt der eigentliche
Moment der verstehenden Begegnung zwischen zwei Menschen geschehen, die
miteinander kommunizieren wollen. Die sich in diesem Zusammenhang abspielenden
inneren Vorgänge und ihre Auswirkung auf weitere Interaktionen
zeigen deutlich, dass in der Sicht der heutigen Kommunikationswissenschaft
die damit gemeinten Prozesse nicht nur aus dem Beseitigen von allzu vielen
Störungen bestehen oder sich lediglich im Verhindern eines übermäßigen
Rauschens in den einzelnen Kanälen erschöpfen können. Es
stellt sich also die Frage, wie man die von Gentile erkannte Wirklichkeit
in einem Modell der Kommunikation darstellen könnte. Ein wesentlicher
Bestandteil des beschriebenen Phänomens ist die mehr oder weniger
willentliche und bewusste Hinwendung zum sendenden Gegenüber in Verbindung
mit einem tieferen Verstehensniveau. In diesem Beitrag soll eine mögliche
Übersetzung dieser eher phänomenologischen Ausdrucksweise in
die kybernetische Sichtweise der Kommunikation versucht werden. Damit könnte
neben einer möglichen Erweiterung der bisherigen Kommunikationsmodelle
auch einer übermäßigen Mystifizierung des Stattfindenden
entgegenwirken, welche die ernsthafte wissenschaftliche Auseinandersetzung
mit diesen Vorgängen verhindern würde.
Als eine mögliche Antwort auf die Frage nach den dabei notwendigen
Transferprozessen muss versucht werden zu verdeutlichen, welche Abläufe
die einzelnen kommunikativen Kanäle durchlaufen müssen, um eine
möglich große Harmonie zwischen dem Sender und einem Empfänger
zu erreichen. Technisch umschrieben geht es darum, in Form von Rückkoppelungsschleifen
die Anpassung der beiden Teilsysteme in einem Kommunikationsprozess zu
beschreiben. Es soll also festgehalten werden, wie weit die s. g. „Kompenetration"
die Kodierung und Dekodierung des sendenden und empfangenden Teilsystems
beeinflusst, dass sie vergleichsweise schneller und genauer von statten
gehen. D. h. wenn man die beiden sich ständig kontrollierenden und
korrigierenden Teilsysteme (den jeweils als Regelkreis zu verstehenden
Sender bzw. Empfänger) als oszillierend umschreibt, soll das kybernetische
Modell der Kompenetration darstellen, wie sie auf die gleiche Schwingungsfrequenz
kommen.
Das klassische Modell der Kommunikation von Claude E. Shannon and Warren
Weaver (1949) legt hauptsächlich Wert auf den Informationsgehalt der
Kommunikationsprozesse.
Die Menge an Information, die im Verlauf der Kommunikation empfangen
wird, wächst, wenn der übermittelnde und der empfangende Teil
des Systems imstande ist, sich auf einander einzustimmen, in eine Art von
Resonanz zu kommen. Odobleja nennt diesen Zustand "consonance".
Eine kybernetisch bestimmte Sichtweise der Kommunikation soll nun verdeutlichen,
was eigentlich innerhalb eines Systembestandteils passieren muss, um eine
solche Resonanz zu ermöglichen.
Bildung als vermittelndes System von Inhalten aus kybernetischer Sicht.
Unter dem Gesichtspunkt der Grenzen und Perspektiven kybernetischer
Betrachtung der Bildung wird die "Einbindung" kybernetischer "Ansätze"
in ein umfangreiches System wissenschaftstheoretischer Sicht auf Wissenschaftssysteme,
in diesem Fall der Pädagogik, Erziehungstheorie diskutiert.
Kybernetik als Bestandteil von Bildung wird hinterfragt.
Der Einstieg wird durch eine kurze Begriffsklärung von Multimedia
gebildet, das ja keineswegs die Verwendung mehrerer Medien, sondern das
Ansprechen mehrerer Sinneskanäle durch meist nur ein Medium, den Rechner
bedeuten soll.
Nach einer kurzen Betrachtung über die möglichen Vorteile
dieses Medieneinsatzes für die Lehre folgt eine Praxisdemonstration
- in der die Grundlagen der Kryptographie in nur 15 Minuten vermittelt
werden sollen.
The trend of computerization is still growing and the equivocal statement
"The responsibility of the computer" is a growing challenge for reserach
and education. What chances and risks in the social, economic and
psychic domains have been observed and can be expected? Can we assign responsibility
to the computer - as a "decision-systems" - and blame it guilty in
the case of failure? The perception of responsibility through human beings
gets the more insufficient:
1. The less optimal the unavoidable necessary "space for play" gets
for a symbiosis of man and machine or the more it is intentionally reduced
with the help of computers.
2. The less we conteract the "velociferic trend" - a term which was
created by the famous German poet J. W. von Goethe in 1825 from the terms
"velocitas (velocity) and lucifer (devil)" - and the accumulation
problem.
It is a challenge and a task for the (empirical) science, strictly
spoken for the scientists, to show what symbiosis can be achieved and what
not between man and machine. Simultaneously it is a task for the cultural
based education - in a broader sense - to show what is desireable and what
not, despite the unavoidable time delay with which new research results
can be transformed into the collective consicousness and into relevant
actions. This implies:
a) a sufficient (e.g. reflective) distance in thinking, which considers
the historical prior conditions in Europe, which paved the path towards
the computer, at least back till the Middle Ages, when the nominalism began
to essentially change the European self-understanding.
b) a (re-) assurance of the complementarity , which was not only
rediscovered by Niels Bohr in the modern physics but which in the meantime
was also rediscovered in other domains and between the oriental
and occidental thinking (cultures).
As long as the trend "More and faster" is still growing and can be
sold with such large profits, it can be assumed that the velociferic trend
keeps growing and that the question about the re-sponsibility of the computer
will remain unsufficiently answered. Therefore we need to care for a better
risk- and crisis-management in the national states, the more the more high
tech systems are in use. The suppression of the "year 2000 problem" - also
known as "Y2K" or the "Millenium Bug" - makes this very clear, amongst
others also in Federal Republic of Germany.
The author G. K. Hartmann understands the term complementarity
- according to N. Bohr:
· Being occurs in two different appearances
that are
· The more one approaches one phenomenon the more
one withdraws from the other
(Simplified: the more focussed the one the less
focussed the other)
· The two phenomena can not be complemtely demixed.
Von den Zwillingsschwestern Kybernetik (K) und Allgemeine System-Theorie
(AST), die als Metawissenschaften eine (Wissenschaft und Philosophie zusammenführende)
Brückenfunktion ausüben, wird ein Beitrag zur Bewältigung
der Gegenwartsprobleme erwartet. Dem üblichen Zutritt zur Wirklichkeit
geht es um formale Eindeutigkeit, aber er bleibt deswegen außerhalb
seines unerschöpflichen Gegenstandes. K und AST verfahren anders,
indem sie sich auch der Innendimension der Welt zuwenden; sie folgen dem
Prinzip, einen jeweils eingenommenen Standpunkt zu überschreiten und
tragen so der Dynamik des Wirklichen Rechnung. Anstelle des Abstrakten
rücken sie das Konkrete in den Vordergrund. Dadurch wird der (K und
AST als Abbild des Menschen ansehende) Beobachter zum teilnehmenden Mitspieler
erhöht. Er gibt der Uneindeutigkeit des Wirklichen durch Denk- und
Erfahrungszugänge in Form von Komplementarität und Autologie
(d. h. Selbst-Referenz) Raum. Verwirrt sich ihm das Bild des Gegebenen
bis zum Paradox, so betreibt er nicht -dem klassischen "Ideal" konform-
dessen Elimination, sondern bereichert mit ihm die Systembehandlung selbst.
Damit verleiht er K und AST den Rang einer Transklassischen Kybernetik
(TKK) bzw. Transklassischen System-Theorie (TKST). Die Überwissenschaften
setzen Rationalität nicht absolut, sondern vertrauen in erster Linie
auf produktive Einbildungskraft. Daher schließen sie eine intensivste
Begegnung der Wirklichkeit in Form von Meditation und Ekstase nicht aus
und rechnen sogar üblicherweise nicht als wissenschaftlich angesehene
Poesie und Prophetie sich zu. Gerade die Nichtbeachtung von Grenzen, somit
Revision innegehabter Positionen, schenkt ihnen die für die Zukunftsgestaltung
der Menschheit nötige visionäre Kraft.
Für die Erfassung und Beeinflussung der Wirklichkeit müssen
sich die TKK bzw. TKST mit komplementär verwobenen Problemen auseinandersetzen.
Sie meistern diese 1. mit neuen Annahmen über das Wirkliche selbst;
2. mit deren Artikulation in einander sich wandelnde Domänen, wobei
die Rollen des Beobachters und Wahrnehmers in die des Teilnehmers übergehen,
der trotz Mittuns dem System-Theoretiker gleichzusetzen ist; 3. mit Annahmen
über die positive Bedeutung des Paradoxes in der Systementfaltung
dergestalt, daß bei seinem Enthaltensein in einem der Bereiche mindestens
ein anderer, um als Referenz-Basis dienen zu können, davon frei sein
muß; 4. mit Anerkennung der Unabhängigkeit, d. h. Autonomie,
des Systems vom Menschen, der infolge seines rezeptiven Zutritts zur Wirklichkeit
dieser (und auch dem System-"Modell") eine Ambiguität zubilligen muß.
Aus diesem Umstand erwächst ihm die Aufgabe, das erhaltene Bild für
bestimmte Zwecke pragmatisch zu vereindeutigen, was nur dann gelingt, wenn
er, trotz aller existenziellen Problematik, selbst Klarheit über die
Bestimmung seines Daseins besitzt. Sie erfließt -über Wissen
hinaus- allein aus gläubiger Transzendenzverbindung und ermöglicht
bisher kaum versuchte Einflußnahme auf den Wirklichkeitsgrund, womit
seine Hoffnung auf Weltrettung keine leere bleibt.
Es geht hier um das Verhältnis von Philosophie und Kybernetik -
Rückblick und Vorausschau. Zunächst wird geklärt, was aus
kybernetischer Sicht Denken und was Wissenschaft sei, wobei letztere auch
in ihrer Organisationsstruktur im Gesamtsystem unseres Wissens betrachtet
wird. Von der Kybernetik werden Hauptkategorien und wichtigste Methoden
hervorgehoben. Sodann geht es an die Behandlung der in der Philosophiegeschichte
entwickelten Grundformen wissenschaftlich-philosophischen Denkens, die,
wenn auch auf höchster Ebene der Welt- und Selbstbetrachtung, dem
System unseres Wissens zugeordnet werden. Dazu gehören Einstellungen,
Weltbilder, und Weltanschauungen (nach Karl Jaspers), Denkformen (nach
Hans Leisegang) Denkmethoden (nach Joseph Bochénski), Erkenntnisstile
(nach Helmut Spinner), und die alte Dichotomie von Erklären
und Verstehen wird im Zusammenhang der phänomenologisch-hermeneutischen
Sichtweise diskutiert. Das 'Denken über das Denken' findet hier seinen
philosophischen Stellenwert, wobei an Erweiterungen und Vertiefungen des
"Kybiak"-Modells angeknüpft werden kann. Allgemeine System- und Modelltheorie,
erstere in der durch Alfred Locker aktualisierten Form, werden als historisch
späte Denkformen vorgestellt.
Wie steht diese 'Formenlehre' zur Kybernetik ? Kybernetik wird im Schlußteil
des Vortrags einmal als Antiwelt des Irrationalismus, zum anderen als umfassende,
dynamisierend-systembildende Kraft dargestellt, die jene Grundformen wissenschaftlich-philosophischen
Denkens in ihren verschiedenen Ausprägungen gleichsam 'umhüllt',
sich dabei ihnen integriert, sie aber auch sich integriert, dabei den allgemeinen
Blick schärfend für die Soll-Ist-Problematik in all' diesen Bereichen
und ein entscheidendes Wort mitredend auch und besonders auf dem Feld der
Philosophie, nicht zuletzt der Wissenschaftstheorie und der wissenschaftsgestützten
Technologie. Die Kybernetik ist nicht Diestmagd einer oft ihren humanen
Auftrag verfehlenden Technik, sondern Dienerin der Weltweisheit. Sie sollte
mehr noch als bisher der Philosophie neue Gesichtsfelder und Bewußtseinsformen
erschließen helfen.
Die klassische Shannontheorie und auch allgemeinere Informationstheorie berücksichtigt (insbesondere beim Begriff der Entropie) keine funktionalen Zusammenhänge. Sie macht nur Aussagen zu Strukturen bzw. Wahrscheinlichkeiten. Funktionale Zusammenhänge der Information werden vor allem durch Algorithmen beschrieben. Diese sind aber diskret. So bleibt für Informationsbeschreibungen eine Lücke im Bereich analoger Zusammenhänge. Bei der Analyse anderer Gebiete zeigt sich, daß brauchbare Ansätze für analoge und funktionale Information durch Felder gegeben sein könnten. Sie ermöglichen dann auch für Information Ursache-Wirkungs-Relationen. So entstand der Begriff Informationsfeld, der dann aber einer Definition bedarf. Leider ist selbst in der Physik, wo Felder eine zentrale Bedeutung besitzen, keine Definition des Feldbegriffs zu finden. Die Felder sind meist nur mathematisch eingeführt und werden an ihren Wirkungen erkannt. Es gibt aber anderseits bereits einige Arbeiten, die mit feldartigen Auffassungen bei der Information umgehen. Die mir bekannte älteste Arbeit stammt aus der Soziologie von Lewin. Weiter haben sich auf unabhängige und unterschiedliche Weise dazu Sheldrake, Bonitz, Gurwitsch und Fischer geäußert. So kam es „nur" noch darauf an die Ansätze zu verallgemeinern und wenn möglich praktikabel zu machen. Hierzu ist zu bemerken, daß es wohl zumindest zunächst genügt, Informationsfelder als Modelle für etwas anzusehen. Ob sie dann in der Wirklichkeit existieren ist dabei zweitrangig. Diese Ansätze werden in dem Vortag ausgeführt. Als Beispiel sei nur die „Abstandsregelung" zwischen Menschen erwähnt. Das Beispiel mit den Igeln von Brecht, das aber eigentlich auf Schopenhauer zurückgeht sei dazu nur angedeutet. Eine erste zusammenfassende Darstellung befindet sich in Völz: Das Mensch-Technik-System, expertverlag 1999.
The idea of an extension of classical logic to cover simultaneously
active ontological locations was introduced by Gotthard Günther (1900-1984,
US-American thinker, born in Germany, colleague of Heinz von Foerster at
the BCL, Urbana, Illinois). The idea of Polycontextural Logic originates
from Guenther's studies of the work of Hegel, Schelling and the foundation
of cybernetics in cooperation with Warren St. McCulloch. His aim was to
develop a philosophical theory and a mathematics of dialectics and of self-referential
systems - a cybernetic theory of subjectivity as an interplay of cognition
and volition.
Polycontextural logic is a many-systems logic, a dissemination of logic,
in which the classical logic systems (called contextures) are enabled to
interplay with each other, resulting in a complexity which is structurally
different from the sum of its components. Although introduced historically
as an interpretation of many valued logic, polycontextural logic does not
fall into the category of fuzzy or continuous logic or other deviant logical
systems. Polycontextural logic offers new formal concepts such as multinegational
and transjunctional operations.
The world has infinitely many logical places (or locations); each location
is representable by a two-valued system of logic when viewed in isolation.
How-ever, a coexistence - a heterarchy - of such locations can only be
described by a non-classical relationship in a polycontextural logical
system. We shall call this relation the proemial relationship which is
the term used by Guenther. "Proemial" means "to preface" and the relationship
"prefaces" the difference between relator and relatum of any relationship
as such. Thus the proemial relationship provides a foundation of logic
and mathematics on a deeper level as an abstract potential from which the
classic relations and operations emerge.
The proemial relationship rules the mechanism of distribution and mediation
of formal systems (logics and arithmetics), as developed by the theory
of polycontexturality. This relationship was characterized as the simultaneous
interdependence of order and exchange relations between objects of different
logical levels.
In other words, the theory of polycontextural logic (PCL) offers a
new approach to a Logical Theory of Living Systems.
Wie kam es zu dem am ersten Advent (28. November) des Jahres 1999 erstmals zu verleihenden Preis für herausragende Beiträge zur Gesellschafts- und Kommunikationskybernetik, Philosophie, Geschichte und gesellschaftlichen Relevanz der Kybernetik ?
von Siegfried Piotrowski
Im Februar 1998 fand an der Universität/GH Paderborn aus Anlaß
der Emeritierung von Professor Dr. habil. Dr. h. c. Helmar G. Frank eine
"Internationale Woche der Begegnung" statt. Das Institut für Kybernetik
Berlin e.V. / Gesellschaft für Kommunikationskybernetik hat sie mitveranstaltet.
In diese Veranstaltung eingebettet war unter anderem auch das Symposium
"Europäische Kommunikationskybernetik am Jahrtausendende". 'Mathematische
Modellierung mentaler Prozesse', 'Mehrkanalmedien ("Multimedia") für
die Bildung' und 'Machbare Mehrsprachigkeit für den Ausbau Europas
und die internationale wissenschaftliche Kommunikation' lauteten die Themen
der drei Arbeitsgruppen.
Das Referat des Kollegen Wenzhu AN von der Universität Bejing beschäftigte
sich mit dem Thema "Anwendungsmöglichkeit der Bildungskybernetik auf
die Bildungsverwaltung". Als ich mich einige Wochen nach dem Symposium
etwas und danach dann sehr nah mit den Thesen AN's zur Reform der Bildungsverwaltung
beschäftigte, stellte ich fest, daß man sich bei erforderlichen
Reformen nicht nur auf die Bildungsverwaltung beschränken darf
und sich insbesondere der Möglichkeiten der Organisations-
kybernetik bedienen müßte.
Ich begann, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen und meine Gedanken
in einem Aufsatz zusammenzutragen.
Im Juni 1998 nahm ich mit Professor Frank in Budweis an
der 7. Prager Konferenz über Kybernetische Pädagogik (Pädagogische
Software '98) teil. Dort entstand in Gesprächen mit ihm die Idee,
einen -nicht mit dem Wiener-Schmidt-Preis zu erwechselnden- Preis für
hervorragende wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der Organisations-
und Beriebswirt-
schaftskybernetik zu installieren und alle zwei Jahre, erstmals 1999,
zu vergeben.
Dieser neue Preis, so stellte ich mir das vor, sollte auf die, wie mir schien in Vergessenheit geratene Organisationskybernetik aufmerksam machen und Anreiz sein, sich mit diesem Teilbereich der Kybernetik wieder intensiver auseinanderzusetzen.
Im November vorigen Jahres stellte ich unter dem Thema "Organisation und Kybernetik" diese Initiative anläßlich unserer Berliner Konferenz "Bildung und Kommunikation in und für Europa" vor. Die Mitgliederversammlung des Instituts für Kybernetik gab für einen neuen Preis für herausragende wissenschaftliche Leistungen auf den Gebieten der Gesellschafts- (Sozio-) und Organisationskybernetik "grünes Licht".
Anläßlich des GPI (Gesellschaft für Pädagogik und Information)-Symposiums "Europa im Gespräch - Bildungsmedien für die zeitgeschichtliche Erwachsenenbildung" Ende Juni 1999 in Wien ergab sich ein Gespräch mit den Professoren Locker und Frank. Das Gespräch war sehr fruchtbar und ich gebe gerne zu, daß auch das Abendessen im Kupferdachl hervorragend war. An diesem Abend nahmen das Symposium "Kybernetische Visionen - (Re)Vision der Kybernetik", das wir Freitag und gestern hier veranstalteten und der heutige Vormittag Gestalt an. Ich mußte dann nur noch ein bisschen schreiben und telefonieren und überzeugen und verwerfen und modifizieren und ein Foto von Herrn Stachowiak haben, ohne daß er davon erfuhr, damit die Medaille gestaltet werden konnte, und und, ... na Sie wissen selbst, oder können es sich vorstellen, was alles getan werden muß, um eine mehrtägige Veranstaltung zu planen.
Der heutige Morgen wiegt alle Arbeit auf. Ich freue mich, dass Sie zur ersten Verleihung unseres Preises und insbesondere zu Ehren des zu Ehrenden gekommen sind. Ausdrücklich sage ich allen, die mit Referaten ein hoch interessantes Symposium gestalteten, allen die bei der Organisation geholfen haben, insbesondere Herrn Professor Dr. Wickström, aber auch seiner Tochter, die uns in den Kaffeepausen versorgte, ganz herzlichen Dank.
Auf Wiedersehen Mitte kommenden Jahres zu einem ersten "workshop" und
dann wieder zum nächsten "Berliner November".
Zum Wissenschaftsideal des Herrn stud. math. nat. Herbert Stachowiak
p ° V = const.,
d.h. Entmachtung der Politik durch die Vernunft" (1947) -
Privatdozent Dr. Ekkehard Höxtermann, Märkische Allee
326, D- 12698 Berlin
Am 24. April 1947 veranstaltete der Studentenrat der im Vorjahr wiedereröffneten
Universität Berlin den 1. Dies Academicus der Nachkriegszeit. Von
„Berliner Tonkünstlern" umrahmt, standen die Festansprache des Historikers
Fritz Hartung (1883-1967) über die „Geschichte der Universität
Berlin" und die Ansprache des Herrn stud. math. nat. Herbert Stachowiak
über „Das Wissenschaftsideal der akademischen Jugend" im Mittelpunkt
der Feier im Admirals-
palast. Stachowiak, zwei Monate zuvor in den Studentenrat gewählt
und dessen erster Kulturreferent, schlug eine Brücke von der Naturwissenschaft
zur Politik. Nach den menschenverachtenden, tödlichen Doktrinen und
Diktaten der NS-Zeit, den unfaßbaren Opfern und Trümmern des
Weltkrieges schrieb er die Sehnsucht nach einer friedvollen und humanen,
vernünftigen und besonnenen Welt, gleichsam als Programm, in eine
Formel. Die Zustandsgleichung idealer Gase p°V/T=const. beschreibt
den Zusammenhang von Druck, Volumen und Temperatur und bildete in der Tat
eine sinnfällige Metapher für das Wunschbild einer idealen Gesellschaft.
Mit p für Politik und V für Vernunft verhieß sie, unter
Substitution der Temperatur T durch ein gegebenes soziales Temperament,
einen Sieg der Vernunft durch die „Entmachtung der Politik". Der damals
25jährige Mathematikstudent mahnte eine vernünftige Verbindung
von „Erkennen und Handeln" durch sinnstiftende, ethisch-moralische Normative
an. Erst durch die Verknüpfung von wissenschaftlicher Denkkraft und
sittlicher Gesinnung könnten „Gleichgewichtsstörungen" vermieden
werden, was bedeute, „… daß Wissenschaft weder bloßer Nützlichkeit
unterworfen noch sich eitel zum Selbstzweck sublimieren soll, daß
sie den Menschen vielmehr durch seine Wahrheitserkenntnis zur Selbstläuterung
und Sittlichkeit, zum Glauben an das Gute, zu höherem Bewußtsein
führen soll." Die so überaus optimistische, von christlichem
Ethos getragene Hoffnung auf eine intellektuelle Renaissance endete mit
der Sentenz: „Streben ist besser als Haben! Der Weg steht für uns
noch über dem Ziel." Die „Ansprache" enthielt, wie der Redner 1999
verwundert feststellt, bereits viele „lebenslange Invarianten" seines Denkens.
Eingedenk der Zeit und ihrer Wunden erstaunt die zuversichtliche, idealistische
Grundhaltung, die im Auditorium begeisterte Zustimmung wie mißfällige
Ablehnung erfuhr. Bemerkenswert war indes, daß die vorgetragenen
Gedanken nicht eilfertig und einseitig von den Parteien des aufkommenden
Kalten Krieges zu vereinnahmen waren. Sie stärkten vielmehr jene,
die den neuen Feindbildern und demagogischen Selbstbespiegelungen mißtrauten
und geistige Unabhängigkeit erstrebten. Einer, den dem Vernehmen nach
die Worte des Stud. math. nat. tief berührten und rührten, war
der Botaniker und erste Nachkriegsdekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen
Fakultät Kurt Noack (1888-1963). Es gab eine auffallende Konkordanz
- in der Verweigerung letzter Antworten aus Ehrfurcht vor dem Leben, im
Erstreben akademischer Freiheiten wie in der Zurückweisung der Ideologien.
In einer Rundfunksendung über die Aufbauarbeit der Fakultät
hatte Noack im März 1946 einen untrennbaren Zusammenhang von Naturforschung
und Philosophie skizziert, dabei aber die „Bearbeitung naturgegebener Tatsachen"
über deren formale Behandlung seitens der Geisteswissenschaften gestellt
und die geistige Freiheit des Naturforschers eingefordert. In einem denkwürdigen,
öffentlichen Akademievortrag vom Juni 1948 wurde er deutlicher: „Irgendwelche
philosophischen Grundmaximen, erwachsen aus dem jeder Generation eigenen
Streben nach Abrundung ihres Weltbildes, oder, um mit Windelband zu reden,
nach einem Gesamtsinn aller Wirklichkeit helfen hier nicht weiter. Noch
nie hat irgendein ,ismus' den Naturforscher unmittelbar gefördert;
er ist Fanatiker der Tatsachen."
Der Dies Academicus wurde zum Schnittpunkt zweier Lebensbahnen, eines
hoffnungsvollen Studenten und eines lebensvollen Universitätslehrers.
Die wechselseitigen Projektionen bestärkten sie in der Wahl ihrer
selbstbestimmten Wege. Es steht zu vermuten, daß der pragmatische,
wertkonservative, nationalgesinnte Gelehrte, der sich in der Rolle eines
„politischen Prellbocks" sah und, allen Anfeindungen zum Trotz, zwischen
alle Stühle setzte, bis er 1953 als Dekan der Humboldt-Universität
und 1957 auch als Klassensekretar der Ostberliner Wissenschaftsakademie
resignierte, dem jungen Hochschüler ein Beispiel gab. Das oben genannte
Schlußzitat des Festredners Stachowiak hieß bei Noack, mit
einem Sinnspruch des römischen Dichters Properz: „In magnis voluisse
sat est."
Seit 35 Jahren besteht das Institut für Kybernetik. Als Mitglied seines Direktoriums stelle ich Ihnen seine Geschichte kurz vor und mache Sie mit seinen heutigen Aktivitäten vertraut.
Am 26. Mai 1963 wurde Dr. Helmar Frank (http://www.uni-paderborn.de/extern/fb/2/Kyb.Paed/frank.html)
auf den gerade neu eingerichteten "Lehrstuhl für Informationswissenschaft"
an der damaligen Pädagogischen Hochschule zu Berlin berufen. (Fast)
alles Schrifttum sieht diese Berufung (zu Recht) als Ursprung des Instituts
an.
Schon im Januar 1964 kamen zwei Mitarbeiter hinzu und begannen mit
dem Aufbau eines Lehrmaschinenlabors. Professor Dr. Stein, als damaliger
Berliner Senator für Wissenschaft und Kunst, stimmte am 28. August
1964 der Ausweitung der For-
schungs- und Entwicklungsstelle zum (offiziellen Hochschul-)"Institut
für Kybernetik" unter der Leitung des Lehrstuhlinhabers zu.
Schon bald dehnte sich das Arbeitsgebiet über die Lehrautomatenentwicklung
hinaus auf andere Zweige der Kommunika-
tionskybernetik, insbesondere der kybernetischen Pädagogik, aus:
auf die Informationspsychologie, die systematische Entwicklung von Lehralgorithmen,
den rechnerunterstützten Unterricht und die Organisationskybernetik.
Am 18. März 1964 wurde unter dem Gründungsvorsitz des Lehrstuhlinhabers
die internationale "Gesellschaft für Programmierte Instruktion (GPI)
e.V." in Nürtingen gegründet, deren Sekretariat bis 1970 Gast
des Instituts war. Sie nennt sich seit einigen Jahren "Gesellschaft für
Pädagogik und Information". Seit Mitte 1995 ist das Institut für
Kybbernetik Berlin e.V./
Gesellschaft für Kommunikationskybernetik selbständige Sektion
der GPI.
Im März 1966 veröffentlichten IfK und GPI das erste Fachlexikon der kybernetischen Pädagogik und der Programmierten Instruktion im Verlag Schnelle: einer der Mitbegründer der Kybernetik, Professor Dr. Hermann Schmidt, der dem Institut eng verbunden war, schrieb das Geleitwort.
Im Januar 1967 wurde dem Institutsdirektor das mit Unterstützung der Stiftung Volkswagenwerk und der Siemens AG eingerichtete "Rechenzentrum des Instituts für Kybernetik" übergeben. Im Februar 1968 wurde das am Institut mit Förderung der Nixdorf AG entwickelte rechnerunterstützte Parallelschulungssystem ROBBIMAT III sowie ein Anschluß an das Rechenzentrum des Instituts zur Fernbenutzung der Formaldidaktiken ("Telealzudi") in der Berliner E. O. Plauen-Schule öffentlich eingeweiht. Damit war der Grundstein für den rechnerunterstützten Unterricht (RUU) und den Einsatz der Formaldidaktiken in der deutschen Schulpraxis gelegt. Einen Monat später stellte das Institut im Deutschen Museum in München das Prinzip der Formaldidaktiken durch Datenfernübertragung mit seinem Rechenzentrum vor.
Im Juli 1969 konstituierte sich im nordrheinwestfälischen Kultusministerium in Düsseldorf das Beratungs- und Planungsgremium zur Gründung der vom Paderborner Kleinrechnerpionier Heinz Nixdorf zusammen mit dem Institutsdirektor initiierten späteren "Forschungs- und Entwicklungszentrums für objektivierte Lehr- und Lernverfahren" (FEoLL). Im November 1969 wurde die Standortfrage des FEoLL zugunsten von Paderborn entschieden, was die Gründung der heutigen Universität Paderborn (1972) politisch ermöglichte. Im November 1970 wurde das FEoLL als gemeinnützige GmbH gegründet und existierte in dieser Rechtsform bis zur Eingliederung in die Universität 1983.
1972 verließ ein Teil der Institutsangehörigen das Berliner "Stamminstitut" um am FEoLL und den beiden weiteren, vom Institut und der GPI initiierten Gründungen mitzuarbeiten:Bildungstechnologisches Zentrum (BTZ) in Wiesbaden und Bildungswissenschaftliche Universität Klagenfurt. Das Berliner Hochschulinstitut gab sich die Rechtsform des eingetragenen Vereins. Heute unterscheiden wir formal zwischen 1. diesem Verein, also dem Institut für Kybernetik Berlin e.V. (seit 1994 mit dem Namenszusatz "Gesellschaft für Kommunikationskybernetik"), 2. dem Institut für Kybernetik, gemeinnützige GmbH in Paderborn und 3. dem rechtlich nicht selbständigen AIS-Institut für Kybernetik in Paderborn, Prag und Budweis. Die meisten Aktivitäten werden aber gemeinsam getragen, und ein Teil der Mitglieder gehört formal zu allen diesen Institutionen.
Das IfK/GKK beschäftigt sich u. a. mit der jährlichen (Mit-)Ausrichtung
von wissenschaftlichen Symposien. Im Dezember 1994 wurde an der Technischen
Universität Berlin während einer vom IfK/GKK mitveranstalteten
Feierstunde anläßlich der 100. Geburtstage von Hermann Schmidt
und Norbert Wiener, den "Vätern der Kybernetik", der Wiener-Schmidt-Preis
proklamiert. Er wurde gestiftet für hervorragende wissenschaftliche
Leistungen zur Förderung der Bildungstechnologie.
[Piotrowski, Siegfried (Hrsg.): Kybernetische Ursprünge der europäischen
Bildungstechnologie; 1996, Institut für Kybernetik, Berlin & Paderborn,
ISBN 3-929853-04-3]
Am 30./31. Juli 1996 fand an der Pädagogischen Fakultät der Karlsuniversität Prag aus Anlaß des 70. Geburtstags von Professor Dr. Milos Lánský ein Internationales Symposion über Bildungskybernetik statt. Es wurde gemeinsam von der Sektion Kybernetik der AIS, vom IfK/GKK, von der tschechischen AIS und dem Bildungstechnologischen Lehrstuhl der Karlsuniversität veranstaltet. Dabei wurde erstmals der Wiener-Schmidt-Preis zugleich für die Gesellschaft für Pädagogik und Information e.V. (GPI) durch deren selbständige Sektion, das Institut für Kybernetik Berlin e.V./Gesellschaft für Kommunikationskybernetik an Professor Dr. Milos Lánský vergeben.
Anläßlich der Internationalen Woche der Begegnung vom 13. bis 21. Februar 1998 an der Universität/GH Paderborn würdigte das IfK/GKK das Lebenswerk von Professor Dr. Klaus Weltner durch die zweite Verleihung des Wiener-Schmidt-Preises.
Im November 1998 veranstaltete das IfK/GKK an der Technischen Universität
Berlin die Berliner Konferenz "Bildung und Kommunikation in und für
Europa" mit. Anläßlich der 1998er Mitgliederversammlung wurde
die Vergabe eines neuen Kybernetik-Preises beschlossen. Der Preis soll
alle zwei Jahre, erstmals 1999, verliehen werden und zwar für herausragende
Beiträge zur wissenschaftlichen Weiterentwicklung und gesellschaftlichen
Verankerung der Gesellschafts- und Organisations-
kybernetik.
Vom 26. bis 28. November 1999 fand an der Humboldt-Universität
Berlin unter dem Rahmenthema "Kybernetische Visionen - (Re)Vision der Kybernetik"
ein Symposium mit den drei Arbeitsgruppen Wissenschaftsorganisation - Organisationskybernetik,
Philosophie der Kybernetik - Kybernetik der Philosophie und Kybernetik
des Lehrens - Lehren der Kybernetik statt.
Im Rahmen dieses Symposiums erfolgte die Verleihung des neuen Preises
am Sonntag, 28. 11. 1999, 11:00 Uhr in einer Feierstunde an den Kybernetiker
und Philosophen Prof. em. Dr. phil. Herbert Stachowiak.
Pfingsten 2000 veranstaltet das Institut in Hradec Kralové (Königgräz/CZ) die 8. Prager Konferenz über Kybernetische Pädagogik mit.
(Medaille zum Preis für Gesellschafts-
und Organisationskybernetik)
Durch diesen Preis soll eine dokumentierte, wesentliche Einzelleistung oder das wissenschaftliche Lebenswerk des Preisträgers gewürdigt werden. Die Stiftung des Preises wurde 1998 in Budweis zwischen dem Gründungsdirektor des Berliner Hochschulinstituts für Kybernetik, der Vorgängereinrichtung des heutigen IfK/GKK, Präsident des Senats der Internationalen Akademie der Wissenschaften (AIS) San Marino, Professor Dr. habil. Dr. h. c. Helmar G. Frank und dem stellvertretenden Direktor des Instituts, Professor h. c. Dr. Siegfried Piotrowski, Universität Hermannstadt (Sibiu/RO) vereinbart, anläßlich des "Berliner November" 1998 von der Mitgliederversammlung des Instituts beschlossen und in den Mitgliederzeitschriften bekanntgemacht.
Die Vergabe des Preises erfolgt nach folgenden Regeln:
Artikel 1
Der Preis soll in der Regel in jedem zweiten Kalenderjahr, erstmals 1999, vergeben werden.
Artikel 2
Die Preisvergabe erfolgt öffentlich anläßlich einer vom IfK/GKK (mit-) getragenen Fachveranstaltung (Symposium).
Artikel 3
Der Preis besteht aus
1. einer Medaille,
2. einer von den autorisierten Repräsentanten der Vergabeinstitution
und der Jury unterzeichneten Urkunde, die in der Regel in der deutschen
Sprache abgefaßt ist,
3. dem Begründungstext der Preiszuerkennung (Laudatio) mit Auflistung
der jeweiligen Jury-Mitglieder und der bisherigen Preisträger.
Artikel 4
Die Mitglieder des IfK/GKK sind berechtigt, dem jeweiligen bekanntzugebenden
Sprecher der Jury einen würdigen Preisempfänger bis längstens
drei Monate vor dem angesetzten Preisvergabetermin vorzuschlagen. Eigenbewerbungen
sind nicht zulässig. Der Vorschlag soll eine in der Laudatio verwendbare
Begründung, die die zu würdigende Leistung ausführlich kennzeichnet,
beinhalten.
Die Leistung muß durch nachzuweisende wissenschaftliche Veröffentlichung(en)
dokumentiert sein. Das Dokumentationsma-
terial ist der Jury auf Wunsch vorzulegen.
Die Preisvergabe ist ausschließlich an natürliche Personen
möglich.
Artikel 5
Die Ausschreibung des Preises mit Nennung des (nächsten) Vergabetermins
sollte (zumindest) in der (den) Mitglieder-
zeitschrift(en) des IfK/GKK, und zwar spätestens 6 Monate vor
diesem Termin erfolgen.
Das Direktorium und der Institutsrat des IfK/GKK sollten spätestens
vier Monate vor dem Vergabetermin jeweils 2 Mitglieder aus ihren Reihen
als Jury-Mitglieder benennen. Die Jury wählt aus ihren Reihen einen
Sprecher, der die Entscheidung über den Preisträger spätestens
zwei Monate vor dem Vergabetermin herbeiführen sollte und mit entsprechender
Begründung dem Direktorium und Institutsrat unverzüglich mitteilt.
Einsprüche gegen die von der Jury getroffene Wahl sind innerhalb von
zwei Wochen begründet dem Sprecher der Jury mitzuteilen. Können
sich Jury, Direktorium und Institutsrat nicht einvernehmlich auf einen
Preisträger einigen, fällt die Preisvergabe zum vorgesehenen
Termin aus.
Anläßlich des Vergabetermins wird der Preis durch den Sprecher
der Jury übergeben, sofern Direktorium und Institutsrat nicht
vier Wochen vor dem Termin eine andere Persönlichkeit einvernehmlich
benannt haben.
Nach dem Vergabetermin hat der Sprecher der Jury dafür zu sorgen,
daß rechtzeitig die nächste Ausschreibung erfolgt und eine neue
Jury benannt wird. Wiederbenennung ist möglich.
Für die erste Preisvergabe, die für November 1999 in Berlin
vorgesehen ist (die weiteren Verleihungen erfolgen dann an mit der Tagung
der Gesellschaft verbundenen Orten), übernimmt Professor Dr. Siegfried
Piotrowski die Rolle des Sprechers der Jury, für die im übrigen
der federführende Direktor, Professor Dr. habil. Heinz Lohse, Professor
Dr. habil. Dr. h. c. Helmar G. Frank, Professor em. Dr. Dr. h. c. Alfred
Locker, Wien, Professor Dr. Bengt-Arne Wickström und Professor Dr.
K. F. Wessel benannt sind.
Artikel 6
Der Preis wird nach der erstmaligen Verleihung aufgrund einstimmigen Beschlusses der ersten Jury in "Herbert-Stachowiak-Preis" benannt und der erste Preisträger zum lebenslangen Mitglied der Jury berufen.
Artikel 7
Das IfK/GKK veröffentlicht in ihrer/ihren Mitgliederzeitschrift(en)
die Entscheidung der Jury einschließlich der vom Sprecher der Jury
gegebenen Begründung. Nicht genannt werden der Vorschlagende, das
Abstimmungsverhältnis und andere, der Entscheidung vorangegangene
Einzelheiten.
An erläutert, daß nach seinen Untersuchungen die Verwaltung ein weites Feld kybernetischer Betätigung sei. Informationsflüsse zwischen den Menschen, über Gegenstände, Finanzen und die Zeit seien zu beobachten und zu kontrollieren. Die für eine kybernetische Betrachtung zu erfassende Struktur der Bildungsverwaltung zeigt ein Modell, das den geschlossenen Informationskreis darstellt.
In drei Phasen ist nach An's Auffassung an eine Reform der Bildungsverwaltung
heranzugehen:
1. Ermittlung eines zielorientierten Indexsystems zur Bewertung,
2. das Suchen und Messen der Differenz zwischen dem "Ist-" und dem
"Sollwert" sowie
3. die Berichtigung der Zieldifferenz.
Tatsächlich ist gerade die Verwaltung, nicht nur die Bildungsverwaltung,
sondern auch die in Unternehmen, Genossenschaften, Kirchen, Parteien, um
nur einige aufzuzählen, ein weites Feld kybernetischer Organisationsmöglichkeiten.
Deshalb ist aus meiner Sicht zu empfehlen,
a. sich bei erforderlichen Reformen nicht auf die Bildungsverwaltung
zu beschränken und, was mir viel wesentlicher erscheint,
b. hierzu mehr die Möglichkeiten der Organisationskybernetik (denn
die meint An, auch wenn er die Bildungskyberbetik anspricht) zu untersuchen.
2. Das "Organisieren" nach Frank
Nachdem Dr. Helmar Frank am 26. Mai 1963 auf den gerade neu eingerichteten
"Lehrstuhl für Informationswissenschaft" an der damaligen Pädagogischen
Hochschule zu Berlin berufen wurde, und schon am 28. August 1964 Professor
Dr. Stein, als damaliger Berliner Senator für Wissenschaft und Kunst
der Ausweitung der Forschungs- und Entwicklungsstelle (Aufbau eines Lehrmaschinenlabors)
zum (offiziellen Hochschul-) "Institut für Kybernetik" unter der Leitung
des Lehrstuhlinhabers zustimmte, dehnte sich das Arbeitsgebiet schon bald
über die Lehrautomatenentwicklung hinaus auf andere Zweige
der Kommunika-
tionskybernetik, insbesondere der kybernetischen Pädagogik, aus:
auf die Informationspsychologie, die systematische Entwicklung von Lehralgorithmen,
den rechnerunterstützten Unterricht und die Organisationskybernetik.[2]
Frank hat die Organisationskybernetik als Teilgebiet einer Theorie und Technik des "Befähigens", d. h. der Übertragung, "Delegation", von Spezialistenfunktionen der Nachrichtenverarbeitung an natürliche oder gemischte (aus natürlichen und künstlichen zusammengesetzte) Fremdsysteme verstanden wissen wollen. Das delegierende System heiße in seiner Theorie Vorsystem, dasjenige, an welches delegiert wird, Nachsystem.
Die Abbildung 1 zeigt den Frank'schen Begriff der Organisationstechnik. Danach stellt das "Organisieren" eine der möglichen delegierenden Operationsweisen neben denjenigen des "Lehrens" (praktische Pädagogik), des "Automatisierens" (Maschinentechnik) und des "Dressierens" (Zootechnik) dar. Ziel der theoretischen Organisationskybernetik nach Frank war es, Organisieralgorithmen aufzufinden, d. h., eindeutige Verfahrensvorschriften zur "Befähigung" solcher Kommunikationssysteme, die sich aus mindestens zwei Menschen zuzüglich weiterer nichtmenschlicher Systembestandteile zusammensetzen. [3][4][5][6]
Die Theorie Franks leistete einen wichtigen allgemein-methodologischen
Beitrag zum damals modernen Management der Büro- und Verwaltungsorganisation.
Abb. 1: Frank'scher Begriff des Organisierens
(aus Handwörterbuch der Organisation)
3. Organisationstheorie
Lehmann charakterisiert im "Handwörterbuch der Organisation" das
Objekt der Organisationslehre im deutschen Sprachraum wie folgt:
Es handelt sich generell um die Zusammenfassung (Verknüfung) von
Teilen (Elementen, Gliedern) im Hinblick auf eine übergeordnete Zielsetzung
zu einer neuen Einheit (System, Ganzheit) bzw. um das Ergebnis dieses Vorgangs.
Die Weite dieses Ansatzes der letztlich (bei Ausklammerung der natürlichen)
alle künstlich durch menschliche Gestaltungshandlungen geschaffenen
Systeme umschließt, führt dazu, daß die Arbeiten der verschiedenen
wissenschaftlichen Disziplinen "organisatorische" Fragestellungen zum Inhalt
haben. Das gilt nicht nur für die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften,
sondern auch für die Rechtswissenschaft und die Ingenieurwissenschaften.[7]
Seit Jahrzehnten unterschiedliche Auffassungen über den Begriff der Organisation in Verbindung mit (teilweise zu) spezieller Fragestellung der Forschung ergaben verschiedene Objekte und Ansatzpunkte für die Theoriebildung. Eine allgemeine, ich meine damit eine "umfassende" und eine Reihe spezieller Organisationstheorien haben sich entwickelt. Letztere behandeln lediglich Teilaspekte bzw. wenden besondere Fragestellungen an.
Wild nennt als spezielle Organisationstheorien beispielsweise betriebswirtschaftliche, soziologische, psychologische, technologische und hierbei insbesondere informationstechnologische, kybernetische, rechtliche usw., die die organisatorischen Phänomene unter jeweils spezifischem Aspekt behandeln, und beispielsweise den Zusammenhang von Organisation und Wirtschaftlichkeit der betrieblichen Leistungserstellung, Organisation und Sozialverhalten, Organisation und Psyche, Technologie, Recht etc. betrachten. [8][9]
Er stellt folgende Kriterien auf, woran sich Organisationstheorien messen lassen müssen:
1. Prüfbarkeit: Organisationstheoretische Aussagen sind so zu formuliern,
daß ihr objektiver Wahrheitswert an der Wirklichkeit feststellbar
ist. Faktische Prüfbarkeit ist die Voraussetzung für den empirischen
Gehalt von Aussagen. Nach Popper'schen Kriterien [10] wäre sogar
prinzipielle Falsifizierbarkeit unerläßlich.
2. Empirischer Informationsgehalt: Die Aussagen müssen empirisch
gehaltvoll sein und über die Verhältnisse der Wirklichkeit
informieren. Der Informationsgehalt einer Theorie ist um so größer,
je größer die Universalität und die Präzision ihrer
generellen Aussagen sind.
3. Bestätigungsgrad: Die heranzuziehende Menge des bereits vorliegenden
Erfahrungsmaterials drückt als induktive Wahrscheinlichkeit
die relative Glaubwürdigkeit, also den Konfidenzgrad der Theorie respektive
ihrer Gesetzeshypothe-
sen absolut bzw. im Vergleich zu anderen Theorien aus.
4. Geltungsmodus: Die Kriterien 1. bis 3. sind nur durch Realtheorien,
bestätigungsbedürftige theoretische Aussagensysteme aus Hypothesen,
erfüllbar.
5. Widerspruchsfreiheit: Logische Widerspruchsfreiheit der Aussagen
einer Organisationstheorie sind vorauszusetzen.
6. Universalität: Sie betrifft den Allgemeinheitsgrad sowohl des
Aussagenumfangs als auch dessen Geltungsbereich. Der Geltungsbereich ist
in seinem Wenn-Teil unter drei Aspekten zu analysieren:
a. in raum-zeitlicher Hinsicht,
b. im Hinblick auf den sachlichen Aussagenumfang und
c. im Hinblick auf den tatsächlichen Anwendungsbereich der
Theorie, der von der faktischen Existenz der Randbedingungen und Gesetze
abhängig ist.
7. Präzision: Die Aussagenschärfe, also der Grad der Genauigkeit,
Bestimmtheit, mit der die Eigenschaften organisatorischer Sachverhalte
und ihrer Wirkungen gekennzeichnet sind, ist ein weiteres wichtiges Beurteilungskriterium.
Die Präzision bezieht sich speziell auf den Dann-Teil organisationstheoretischer
Gesetzeshypothesen und hängt von der Präzision der dort ver-
wendeten Begriffe ab.
8. Operationalität: Mit dieser Anforderung ist die Definition
der Begriffe in organisationstheoretischen Aussagen angesprochen. Operationalität
bedeutet also, daß Feststellungsoperationen zur sinnlichen Wahrnehmung
der Begriffsgegenstände und ihrer Attribute definiert und durchführbar
sind, so daß feststellbar ist, ob ein Gegenstand oder Sachverhalt
unter den Begriff
fällt oder nicht.
4. Organisationsmethoden
Walz beschreibt im bereits zitierten Handbuch der Organisation die Methodik des Organisierens kurzgefaßt wie folgt: [11]
Vereinfacht dargestellt besteht die praktische Organisationsarbeit darin, zu bestimmten organisatorischen Regeln zu kommen, nach denen Menschen (Arbeitssubjekte) zweckorientiert handeln können. Es sind also Organisationsvorschläge auszuarbeiten, zu diskutieren und zu verwirklichen. Der Organisator bedient sich dazu einer Reihe von Methoden und Verfahren, die durch eine gemeinsame verfahrenstechnische Grundlage gekennzeichnet sind: Bestehende organisatorische Zustände (wie bestimmte Aufgabenverteilungen) oder Arbeitsabläufe sind zu erkennen und exakt zu beschreiben (Feststellung des Ist-Zustandes), zu analysieren (Kritik des Ist-Zustandes) und anschließend Soll-Vorschläge zu entwickeln (Planung des Soll-Zustandes). Wesentlich ist dabei, daß nicht nur für den Organisator die Beschreibung des Ist- und Soll-Zustandes verständlich und aussagefähig sind, sondern auch für die Personen, die für die Durchführung verantwortlich sind; diese müssen sich mit dem Ergebnis identifizieren können und das mit dem Organisationsvorschlag erstrebte Ziel verwirklichen.
Die in der Literatur beschriebenen Aufnahme- und Darstellungstechniken beinhalten neben der Selbstaufschreibungs- bzw. Beobachtungs-, (allgemeine und spezielle, wie z. B. die Betriebsbegehung), auch die Fragebogen-, Interview- und Symbol- sowie die Technik der Berichterstattung. Je nachdem ob es sich um ein einfaches oder komplexes Problem handelt, welches Ziel erreicht werden soll, wie weit die vorhandene Organisation bereits bekannt und/oder transparent ist, was in bezug auf den Untersuchungsaufwand zeitlich und wirtschaftlich vertretbar ist, ist die anzuwendende Technik zu bestimmen.
Häufig wird sich als ideales Verfahren zur Aufnahme des Ist-Zustandes eine Kombination aus verschiedenen Techniken anbieten. Nach Eckner bedient man sich zur Beschreibung der für die Ist-Aufnahme, für die Analyse und den Soll-Vorschlag notwendigen Tatbestände folgender Mittel: graphische Darstellungen - Zahlentabellen - Darstellung durch Text - mündliche Darstellung. [12]
Für die Arten der Berichterstattung, die entscheidend für die Annahme oder Ablehung eines Organisationsvorschlags ist, schlägt Blohm vor: 1. die objektive Berichterstattung (objektiver, "ungefärbter" Bericht über den tatsächlichen Sachverhalt), 2. die gezielte Berichterstattung (nur über die Tatsachen wird berichtet, von denen der Berichterstatter glaubt, daß es entsprechend der Zielsetzung der Untersuchung zweckmäßig ist, einen Bericht abzugeben) und schließlich 3. die gesteuerte Berichterstattung (zur Frage der Nützlichkeit für die Unternehmensziele wird ein gewisser Grad der "Verfärbung" angewendet). [13][14]
Brommer gibt für die Bestandteile eines Untersuchungsberichts folgende Grundgliederung vor: Aufgabe und Methoden der Untersuchung - Inhalt, Umfang und Ergebnisse der Ermittlung des Ist-Zustandes - Kritik des Ist-Zustandes und Vorschläge für den Soll-Zustand - Zeit- und Kosteneinsparungen bei Verwirklichung des vorgeschlagenen Soll-Zustandes. [15]
In der Regel haben Organisationsmethoden ihren Schwerpunkt ausgehend
von der Aufgabenanalyse --> im Bereich spezieller Untersuchungen der Aufbauorganisation,
ausgehend von der Arbeitsanalyse --> im Bereich spezieller Untersuchungen
von Arbeitsabläufen. Kosiol drückt das Ziel dieser Untersuchungen
als Aufgabensynthese bzw. Arbeitssynthese zum Zwecke der Strukturierung
des Potentials bzw. Aktionsgefüges aus. [16]
Die Möglichkeiten des Organisators beschränken sich häufig
auf die Reorganisation und die Rationalisierung und damit - ganz allgemein
- auf die Verbesserung und die Anpassung bestehender Zustände und
Abläufe an die wirtschaftliche Entwicklung.
Das Ergebnis der Untersuchung eines Organisationsaufbaus (Strukturuntersuchung) ist die Beschreibung der Aufgaben- und Stellengliederung in graphischen Übersichten wie Organigramm, Organisationsplan, Organisationsschaubild etc. und in einzelnen Stellen-, Positions- und Arbeitsplatzbeschreibungen.
Bei der Untersuchung von Arbeitsabläufen wird der Arbeitsvorgang
selbst in analytische Arbeitsteile zerlegt. Die Tätigkeiten werden
in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit graphisch (als Pfeile und Knoten)
zu einem Netz zusammengefügt Netzplantech-
nik).
Die Organisationskontrolle ist ein Glied der Organisationsmethoden. Zur Organisationskontrolle gehören: gezielte Prüfungen der Verwirklichung und der Zweck- erreichung einzelner Organisationsvorschläge - gezielte Untersuchungen, mit welchen (weiteren) organisatorischen Maßnahmen Schwachstellen und Verlustquellen abgebaut werden können.
Die Organisationskontrolle soll, auf eine einfache Formel gebracht, Gewißheit über die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit organisatorischer Maßnahmen bringen und Bereiche, die dringend organisatorischer Verbesserung bedürfen, aufspüren.
Sinnvoll ist es, automatische Rückmeldungen schon in den Organisationsablauf einzubauen, so daß der Organisator anhand von Berichten die Auswirkung der organisatorischen Maßnahmen stets kontrollieren kann.
5. Kybernetik
Wie Frank die Kybernetik als nomothetische Wissenschaft informationeller Gegenstände in das System der Wissenschaften einordnet, zeigt die Abb. 2. An dieser Stelle soll darauf aber nicht weiter eingegangen, sondern nur aufgezeigt werden, daß die Kybernetik dem Bereich der Formal- (Struktur-)wissenschaften zuzuordnen ist. [17]
Abb. 2: Frank'sche Einordnung der Kybernetik
In Unternehmen, Verwaltungen etc. ist das Management für die Organisation verantwortlich. Der Manager kann als Lotse eines Unternehmens (griechisch: kybernetes) bezeichnet werden. Platon nannte das die "Steuerkunde". Norbert Wiener hat 1948 in "Cybernetics" den Nachweis erbracht, daß die Kybernetik als Lehre der Steuerungs- und Regelungsvorgänge nicht nur im technischen Bereich, sondern auch in der Biologie und Wirtschaft eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Ein Unternehmen stellt sich kybernetisch gesehen als Sonderform eines Systems dar. Beer sieht das "als irgendeine zusammenhängende Ansammlung von Elementen, die auf eine dynamische Weise miteinander in Beziehung stehen." [18]
Unternehmen sind komplex probalistische Systeme [19]. Ein kybernetisches Instanzenschema [20] kann, wie Abb. 2 zeigt, mit einem Instanzenaufbau in Unternehmen verglichen werden. Der Unternehmensvorstand - oder auch der "Kapitän" - gibt die Ziele vor, das Management hat die Zielerreichung zu finden, die Führungskräfte (die Direktoren und Abteilungsleiter), also die "Steuermänner" halten den Kurs - setzen also ein Programm in Befehle um und korrigieren bei Kursabweichungen. Als "Ruderer" kommen die Sachbearbeiter, Schreibkräfte/ das Seketariat und die gewerblichen Arbeitskräfte (die Arbeiter) in Betracht. Die Arbeitsleistung wird an die Umwelt abgegeben. Entscheidend im Prinzip kybernetischer Instanzen ist die Rückkopplung, das feed back. Jede Störung muß als Information dem Lotsen und Steuermann gemeldet werden - es wird sofort eine Programmumstellung eingeleitet. Störgrößen, die Zielabweichungen verursachen, werden in der Regelstrecke durch Informationen aufgenommen. Das System pendelt sich wieder auf den gewünschten Ablauf ein. Die Selbstregelung über die Rückkopplung - eine bestimmte Variable wird mittels eines Homöostaten (einer "Maschine") in Grenzen gehalten - ist Ausgangspunkt für kybernetisches Management. Allerdings gehen hier die Meinungen in der kybernetischen Theorie auseinander, ob Rückkopplung schon allein zur Kybernetik gehört, oder erst dann, wenn versucht wird, sie rechnerisch zu erfassen: Dauer von Regelschwingungen, sog. Totzeit, Aufschaukelung oder Abklingung usf..[21]
Abb.3: Kybernetisches Instanzenschema
(aus Schnelle: Entscheidung im Management)
6. Organisationskybernetik
Frank definiert die Kybernetik als "Sammelbezeichnung für wissenschaftliche und technische Strömungen, die unter dem Einfluß der Rechenautomaten- und Regelungstechnik verschiedene biologische, nachrichtentechnische und humanwissenschaftliche Spezialgebiete als Sonderfälle derselben Problemkreise (Nachrichtenverarbeitung, Regelung) betrachten". [22]
Er bezeichnet Kommunikations- und Gesellschaftskybernetik als "die beiden
Flügel der Humankybernetik" und unterteilt die Gesellschaftskybernetik
systematisch so:
"Die Organisationskybernetik beschäftigt sich mit der koordinierten
Ansteuerung gemeinsamer Ziele von Großgruppen, die Sozialkybernetik
mit dem Informationsumsatz in einer Gesamtgesellschaft, innerhalb welcher
solche Großgruppen teilweise gegensätzliche Ziele anstreben.
Die Mitberücksichtigung des Geldes mit seinen teils informationellen,
teils substanzhaften Eigenschaften erweitert die Organisationskybernetik
zur Betriebswirtschaftskybernetik, die Sozialkybernetik zur Volkswirtschaftskybernetik.
Die Staatskybernetik (deren Existenz schon Ampère in seiner Wissenschaftsklassifikation
postulierte, und die er "cybernétique" nannte), ist die Organisationskybernetik
des Gesamtstaats.
Da die Bildungstechnologie menschliches Lernen bewirken oder erleichtern
will, und dieses fast immer durch Einzelschulung oder durch Schulung von
(intern kommunizierenden, kleinen) Gruppen und (für statistische Zwecke
meist zu) kleinen Klassen erfolgt, sind die Bildungstechnologie und ihre
theoretischen Grundlagen in die Kommunikationskybernetik einzuordnen. Das
schließt nicht aus, daß manche lehrplantheoretischen oder bildungsökonomischen
Fragestellungen das Bildungswesen eines ganzen Staates betreffen, so daß
ihre kybernetische Bearbeitung in die Gesellschaftskybernetik hereinragt."
[17]
7. Schlußbetrachtung
Ob die Organisationskybernetik, wie von Frank gesehen, zur Betriebswirtschaftskybernetik "erweitert" werden kann (oder muß) oder Organisation als Teil der Betriebswirtschaft anzusehen ist, wie beispielsweise von Gutenberg [23], der Organisation als Produktionsfaktor darstellt, konnte (und sollte) in diesem Beitrag nicht geklärt werden.
Merkmal der Organisation ist die Ordnung, ergänzend tritt die Zielstrebigkeit hinzu, ein Tatbestand der zielstrebigen Ordnung findet sich in den Definitionen zahlreicher soziologischer und wirtschaftswissenschaftlicher Autoren.
Sinn dieser Arbeit ist, auf die (zum Teil in Vergessenheit geratene, nicht mehr, kaum noch angewandte ?) Organisationskybernetik wieder aufmerksam zu machen und darüber hinaus durch die im Abstand von zwei Jahren vorgesehene Vergabe eines neuen Preises für hervorragende wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der Organisations- und Betriebswirtschaftskybernetik Anreiz zu schaffen, sich wieder stärker mit diesem wissenschaftlichen Kybernetik-Teilbereich auseinanderzusetzen.
Die Idee zu einem organisations-/betriebswirtschaftskybernetischen Sonderpreis, der nicht mit dem Wiener-Schmidt-Preis für Bildungstechnologie zu verwechseln ist, entstand in Gesprächen zwischen Professor Dr. Helmar Frank und dem Autor im Juni 1998 in Budweis, anläßlich der Teilnahme an der tschechischen Konferenz "Pädagogische Software '98". Der Preis, für den noch ein Name gesucht wird, soll aus einer Medaille (mit Porträt des Namensgebers für den Preis), einer Urkunde, der Begründung (Laudatio) der aktuellen Preiszuerkennung und einer Druckschrift mit Texten über die Organisations-/Betriebswirtschaftskybernetik, in der auch das Statut für diesen Preis abgedruckt ist, bestehen. Der Beschluß des Institut für Kybernetik Berlin e.V./Gesellschaft für Kommunikationskybernetik (IfK/GKK) über den neuen Preis soll im November 1998 anläßlich der Mitgliederversammlung in Berlin herbeigeführt werden. Die erste Preisvergabe soll für 1999 vorgesehen werden.
Schrifttum:
[1]Lobin, G.: Internationale Woche der Begegnung/Internacia Semajno
Renkontiga, Programm und Kurzfassungen der Vorträge, 1998
[2]Piotrowski, S.: Die Mitträger der Kybernetik: Entstehung, Entwicklung
und Ziele des Instituts für Kybernetik/Gesellschaft für Kommunikationskybernetik;
in: Kybernetische Ursprünge der europäischen Bildungstechnologie,
hrsg. von S. Piotrowski, Akademia Libroservo durch IfK Berlin &
Paderborn 1996
[3]Frank, H.: Lehrautomaten zur Einzel- und Gruppenschulung; in: Lehrmaschinen
in kybernetischer und pädagogischer Sicht, hrsg. von H. Frank, Band
3, Stuttgart-München 1965
[4]Frank, H.: Ansätze zum algorithmischen Lehralgorithmieren;
in Lehrmaschinen in kybernetischer und pädagogischer Sicht, hrsg.
von H. Frank, Band 4, Stuttgart-München 1966
[5]Frank, H.: Programmatische Notiz zur Organisationskybernetik; in:
Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissenschaft, Bd. 7, Quickborn
1966
[6]Stachowiak, H.: Organisationskybernetik; in: Handwörterbuch
der Organisation, hrsg. von E. Grochla, C. E. Poeschel Verlag Stuttgart
1973
[7]Lehmann, H.: Organisationslehre I (Entwicklung im deutschsprachigen
Raum); in: Handwörterbuch der Organisation, hrsg. von E. Grochla,
C. E. Poeschel Verlag Stuttgart 1973
[8]Wild, J.: Neuere Organisationsforschung in betriebswirtschaftliche
Sicht; Berlin 1967
[9]Wild, J.: Zur praktischen Bedeutung der Organisationstheorie; in
ZfB, Jg. 37, 1967
[10]Popper, K.: Logik der Forschung; 2. erw. Auflage, Tübingen
1966
[11]Walz, D.: Organisationsmethoden, in: [6] und [7]
[12]Eckner, K.: Das Berichtswesen industrieller Betriebe; Wiesbaden
1960
[13]Blohm, H.: Das innerbetriebliche Berichtswesen in der Betriebsdiagnose;
in BFuP, Jg. 12, 1960
[14]Blohm, H.: Die optimale Gestaltung des innerbetrieblichen Berichtswesens,
in NB, Jg. 13, 1960
[15]Brommer, H.D.: Methoden systematischer Organisationsuntersuchungen
in der kaufmännischen Verwaltung; Diss. Erlangen-Nürnberg 1964
[16]Kosiol, E.: Organisation der Unternehmung; Wiesbaden 1962
[17]Frank, H.: Kommunikationskybernetik - das theoretische Fundament
der Bildungstechnologie; in: Kybernetische Ursprünge der europäischen
Bildungstechnologie, hrsg. von S.Piotrowski, Akademia Libroservo durch
Institut für Kybernetik Berlin & Paderborn 1996
[18]Beer, St.: Kybernetik und Management (Cybernetics and Management,
deutsch), Hamburg 1962
[19]Steigerwald, H.-J.: Die neuen Management-Techniken der betrieblichen
Planung und Kontrolle; in: Die neuen Management-Techniken, Verlag Moderne
Industrie 1969
[20]Schnelle, E.: Entscheidung im Management, Verlag Schnelle Quickborn
1966
[21]Piotrowski, S.: Einführung in Management und Marketing Teil
1, (erscheint in Kürze)
[22]Lexikon der Kybernetischen Pädagogik, hrsg. von L. Englert,
H. Frank, H. Schiefele und H. Stachowiak, Verlag Schnelle Quickborn 1966;
Nachdruck in: Kybernetische Pädagogik/Klerigkibernetiko, Bd. 7, hrsg.
von V. Barandovská-Frank, Akademia Libroservo durch Kava Pech Prag
und Institut für Kybernetik Berlin 1993
[23]Gutenberg, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Bd. 1:
Die Produktion, 12. Aufl., Berlin-Heidelberg-New York 1966
Telepolis, ein 'virtuelles Magazin' im Heise-Verlag (http://www.heise.de/tp), veröffentlichte im Mai d. J. ein Gespräch mit Johannes Fried, der an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt mittelalterliche Geschichte lehrt. Für Fried gab es MultiMedia immer schon, wenn man die Kulturinstrumente Mündlichkeit und Schriftlichkeit betrachtet. Mündliche Kultur bestand nie allein aus Mündlichkeit; immer gab es da auch Medien wie Tanz, Bilder und Rituale. Schriftliche Kultur besteht nicht nur aus Schriftlichkeit, immer sind Mündlichkeit und Schriftlichkeit als Mischkultur zu sehen. Und MultiMedia ist ja nichts weiter als eine Vielfalt von Medien.
Auch bevor der Computer in unser tägliches Leben eindrang, waren wir an Medien gewöhnt. Wir haben die Einführung des Fernsehens erlebt, die elektrische Schreibmaschine und später dann die Speicherschreibmaschine sowie die Einführung des Computers.
Nach Fried ist Rundfunk eine Hörkultur, Fernsehen eine Hör-Bild-Kultur; unsere Medien sind eine Mischung aus audieller, visueller und literarischer Kultur. Diese Medien werden uns auch noch längere Zeit begleiten. Ein Medium kann und wird ein anderes nur dann ablösen, wenn es Wissen noch besser transportiert. Auf Wissen können wir nicht verzichten. Wissen wird weiter und noch stärker zunehmen, es wird aber auch immer spezialisierter, einzelne Wissensfelder werden sich immer weiter ausdehnen. Keiner von uns kann mehr alles beherrschen. Wir müssen froh sein, wenn wir in unserem speziellen Bereich etwas können. Natürlich wird mit der Ausdehnung der Wissensfelder der Bedarf wachsen, die einzelnen Bereiche zu vernetzen. Spezialisten für das Zusammenführen der Wissensbereiche werden erforderlich. Unser guter alter "Rechner", 1941 von Zuse "erfunden", wird die dazu benötigten Techniken und Hilfsmittel nicht mehr verarbeiten können. Hochleistungs-Computer werden erforderlich. Nach Kilo-, Mega- und Giga- reden wir nun ja auch bereits über Tebi-Byte.
Die schon jetzt vorhandene und uns in Zukunft zur Verfügung stehende Hardware wird nicht das Problem der Zukunft sein, sondern die Entwicklung geeigneter Software, die uns die Ausdrucksmöglichkeiten der wechselseitigen Kombination von Ton, Bild, Sprache, Symbol, Bewegung und so weiter erschließt.
Erst durch die Weiterentwicklung des Rechners zum Computer wurden wir
in die Lage versetzt, ihn - für meine Begriffe zur Zeit noch eingeschränkt
- auch als Bildmedium einzusetzen. Mit dem Computer können wir (auch)
Bilder produzieren, das ist aber eher ein Kraftakt, wenn wir bedenken,
mit welchem exorbitanten Ressourcenbedarf das verbunden ist.
1997 erschien das Buch "Docuserve" des Frankfurter Medienwissenschaftlers
Hartmut Winkler. In einem Interview, das der Netzkritiker Geert Lovink
im Juni 1996 mit ihm führte, sagte er u. a.: "Meine Programmierervergangenheit
sagt mir, daß der Computer ein Medium der abstrakten Strukturen ist,
der Programmarchitekturen und jener Algorithmen, die letztlich auch hinter
den digitalen Bildern stehen. Dem Computer ist es völlig gleichgültig,
ob es schließlich Bilder sind, die auf der Oberfläche des Ausgabeschirmes
erscheinen."
Und an anderer Stelle: "Ich denke auch, daß die Rechner mit dem
Alltag zunehmend verschmelzen und daß die Fülle von Peripheriegeräten
eine Vernetzung mit den Praxen und Alltagsvollzügen bedeuten."
Eine Binsenweisheit, mit der wir dennoch von immer neuen Leuten überrascht werden, eine Standardfloskel von Unternehmern, Politikern, Managementgurus u. a. lautet: "Wissen wird zum zentralen Rohstoff, zur wichtigsten Ressource der Gesellschaft des einundzwanzigsten Jahrhunderts". Die Autoren des Jahrbuchs Telekommunikation und Gesellschaft 1998 sind sich einig, daß Medienkompetenz als Schlüsselqualifikation im Umgang mit den Informationsbergen vermittelt werden muß. Die Frage, ob nun der Staat oder der Markt die dafür notwendigen Lernräume der Zukunft schaffen soll, ist im Grunde offen.
Was wird gefordert ? Der medienkompetente Wissensarbeiter, der sein ganzes Leben lang - weitgehend selbstgesteuert - lernt, weiß, wo und wie er sich die jeweils nötigen Informationen beschaffen und wie er sie zu Handlungswissen verdichten kann.
Das Ideal einer nachhaltigen Wissengesellschaft beschreiben Gabi Reinmann-Tothmeier und Heinz Mandl: als eine gesellschaftliche Form, in der die "Lebensgrundlagen aus reflektiertem und bewertetem Wissen" gewonnen werden, in der die Menschen von den neuen Möglichkeiten einen "bewußten und lebenserleichternden , sozial nicht zerstörenden Gebrauch" machen.
Im Juni 1999 ist in Köln der G8-Gipfel zuende gegangen. Mit der
verabschiedeten "Köln-Charta" wurde alter Wein in neue Schläuche
gefüllt. Bundeskanzler Schröder äußerte: "Angesichts
des Vordringens wissensbasierter Produkte bedeutet mehr Bildung mehr wirtschaftliche
Kraft".
Mit Hilfe der Köln-Charta sollen die Rahmenbedingungen für
lebenslanges Lernen verbessert werden. In der Einleitung der wahrscheinlich
auch wieder mit heißer Nadel gestrickten Charta heißt es, daß
sicherzustellen ist, daß die Bürger mit dem Wissen, den Fähigkeiten
und Qualifikationen auszustatten sind, die sie im nächsten Jahrhundert
brauchen. Jeder solle Zugang zu Bildung und Weiterbildung haben, grundlegende
Bildung müsse kostenlos angeboten werden. Jeder solle ermutigt werden,
auch nach dem Schulabschluß kontnuierlich weiterzulernen.
Für Günter Dohmen, kommissarischer wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung, ist das geforderte "lebenslange Lernen" ein alter Hut. Der konstruktivistische Lern-Ansatz, wie heute in der auf MultiMedia und Hyperlinks umgestellten Pädagogik üblich, sei insbesondere die Fähigkeit zum gezielten Erarbeiten von "neuen bzw. neu zu kombinierenden Kenntnissen" zu entwickeln, und zwar immer im Hinblick auf die konkrete Lebenswelt des Lernenden. Als das "nicht-organisierte Selbstlernen der Menschen in ihren Lebens- und Arbeitszusammenhängen", als das "informelle Lernen außerhalb der Bildungseinrichtungen" bezeichnet Dohmen diese Form des Lernens, die angeblich generell mehr als 70 Prozent aller menschlichen Lernprozesse ausmache.
Der Zugang zu immer mehr Informationen werde durch das Internet immer
leichter, gleichzeitig würden aber, schreibt Gerhard Bosch vom Gelsenkirchener
Insitut Arbeit und Technik, die Anforderungen an die Qualifikation der
Nutzer wachsen. Günter Clar und Gerhard Fuchs sehen die Konsequenz
darin, daß "in immer kürzeren Abschnitten neue technisch-fachliche
Qualifikationen nachgefragt, gleichzeitig aber auch
allgemeine "Schlüsselqualifikationen wie Lern-, Kommunikations-
und Kooperationsfähigkeiten an Bedeutung gewinnen" werden.
Die Forderungen nach einer ökonomischeren Ausrichtung des Bildungswesens und einem freien Bildungsmarkt zeigt die Furcht auf, daß das deutsche Bildungswesen im globalen Markt der virtuellen Lehrangebote endgültig ins Hintertreffen gelangt. Die deutschen Hochschulen sind, wie ich schon 1993 anläßlich des "Berliner Mai" darlegte, für einen weltweiten Wettbewerb, der künftig (auch) mit Hilfe neuer Medien ausgetragen wird, schlecht gerüstet.
"Neue Kommunikations- und Informationstechnologien durchziehen, erobern und verteilen den Raum, bislang regional operierende Sozialsysteme wachsen und/ oder schrumpfen in den globalen Datennetzen zur virtuellen Weltgesellschaft zusammen", und "Politik, Recht, Kunst, Erziehung und Lobbyisten von Verbänden, Gruppen und Organisationen hecheln dem, was Vernetzung, Digitalisierung und Echtzeit-Kommunikation in der Gesellschaft 'anrichten' - Stichwort: Harmonisierung - hinterher, fassen Niels Werber und Rudolf Maresch in ihrem Ende Mai im Suhrkamp-Verlag erschienenen Band die möglichen Konsequenzen der neuen Medien für die Kommunikation in der Gesellschaft zusammen.
"Mit der Verbreiterung, Verpflechtung und Vervielfältigung des (massen)medialen Spektrums (wie zum Beispiel Kabel- und Satellitenfernsehen, Spartenkanäle, Pay-TV, WWW, mailing-lists, chatrooms) erweitern sich die Möglichkeiten und Spielarten der sozialen Kommunikation ins Unermeßliche. Die Freiheitsgrade für die User nehmen zu - trotz oder gerade wegen der gestiegenen Abhängigkeit der Kommunikation von der Technik", folgert der Soziologe Niklas Luhmann.
"Information und Kommunikation sind im Rahmen der Evolution des Lebens auf diesem Globus von zentraler Bedeutung. Dies gilt für die Weitergabe der Erbinformation, das Wirken des Immunsystems oder auch die Wechselwirkung von Lebewesen miteinander. Der Charakter der jeweils genutzten Informationen und die Mechanismen des Austauschs wurden dabei zunehmend komplexer und abstrakter", sagt der Leiter des Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung in Ulm, Franz Josef Rademacher in einem Aufsatz für die Buchreihe "EXPO 2000 - Visionen für das 21. Jahrhundert".
Mit dem Übergang in eine digitalisierte Welt der Informationsverarbeitung, mit MultiMedia und weltweiten Netzen verfügen wir erstmals über technische Medien, die die Rolle von Nervensystemen für menschliche Organisationen im Sinne von Superorganismen übernehmen können. Sie können dabei die biologischen Vorbilder in vielen Leistungsparametern übertreffen. Die technischen Möglichkeiten des Informationsaustauschs und der Kommunikation haben sich in den letzten Jahren in einem fast unvorstellbaren Maße gesteigert. Das gilt sowohl aufgrund der rasanten Entwicklung moderner, immer leistungsstärkerer Rechnersysteme als auch entsprechender Verarbeitungsprogramme für die Intelligenz dessen, was hier verarbeitet wird. Die Voraussetzungen für den Übergang in eine weltweite Wissensgesellschaft auf der Basis von weltweiten Netzen und einer digitalisierten Technologie des Informationsaustauschs sind also gegeben.
Es gab früher keine Alternative zur großstädtischen Existenz. Wenn jemand die Metropole verließ, mußte er als sogenannter 'Aussteiger' Karriere und Freunde aufgeben, mußte auf alle Angebote und Annehmlichkeiten verzichten, die schon immer nur im Umkreis größerer Menschenansammlungen offeriert wurden: gutbezahlte Jobs, reichhaltige Waren- und Unterhaltungsangebote, geschäftliche und private Kontakte. Vor etwas mehr als zehn Jahren gab es noch nicht einmal überall Satellitenfernsehen; Funktelefone, Telefaxgeräte waren unerschwinglich, an Internet-Zugänge für alle dachten wir noch nicht. Inzwischen haben sich über diese beschränkte Infrastruktur dichte Kommunikationsnetze gelegt, die jedermann mit allem und jedem verbinden.
Und das ist gut so. Nach allen Prognosen werden zukünftig immer weniger 'Normalbürger' einen 'festen Arbeitsplatz' besitzen; ich meine damit: weder einen bestimmten Ort, an dem sie sich einzufinden haben, noch eine lebenslange Festanstellung. Diese digitale Ökonomie wird aber auch die praktische Bedeutung der Großstädte verringern. Immer mehr Angehörige der Mittelklasse, aus der Schicht der gutausgebildeten Fachleute, werden nicht mehr unbedingt in der Großstadt leben wollen. Sie sind, egal wo sie sich befinden, im Netz, mit ihrem Unternehmen, ihren Kunden verbunden. Verbunden in Telesphären aber auch mit Freunden, Bekannten, mit Museen, Bibliotheken, Universitäten, Bank und Börsenkursen, Online-Zeitungen, Warenhäusern, ihrem Tante-Emma-Laden.
Kommen wir aber in die 'Jetztzeit' zurück: Immer noch wächst die gesellschaftliche Akzeptanz, die neuen Techniken zum Durchbruch verhilft, zu langsam. Es ist eine Menge daran getan worden, daß die Hardware erschwinglicher, die Software verständlicher und die Inhalte nützlicher wurden. Der 'Homo MultiMedialis' ist aber noch in weiter Ferne.
Häufiger wird die Frage gestellt, ob Online-Ausbildung die digitale Kluft vergrößert. Ausbildung ist der große Gleichmacher, Technik dagegen scheint eine neue Quelle für Ungleichheit zu sein.Ich meine damit, daß virtuelle Universitäten nur von jenen besucht werden können, die erstens die notwendige Ausrüstung und zweitens die Kompetenz im Umgang mit Technik haben. Die Höhe des Einkommens bestimmt doch immer noch weitgehend, wer zuhause einen Computer und Internetzugang besitzt. Wenn die Köln-Charta darauf zielen würde, die Online-Ausbildung nicht allein den Kräften des freien Markts zu überlassen, sondern der Staat sich aufschwingt, die Chancen der Menschen aus benachteiligten sozialen Schichten zu verbessern, wäre manches erreicht.
Das Netz wird zurecht als Datenautobahn gekennzeichnet. Kaum ist man auf dieser 'Autobahn' steht man im Stau. Der Verein zur Förderung eines deutschen Forschungsnetzes (DFN) baut in Deutschland ein mit dem Internet 2 vergleichbares Hochgeschwindigkeitsnetz auf, das im Jahre 2000 seine regulären Leitungsdienste aufnehmen soll. Das momentane Breitband-Wissenschaftsnetz (B-WIN) hält mit den Anforderungen der Hochschullehrer, Forscher und Studenten nicht mehr Schritt. Der Datentransfer im WIN steigt zur Zeit jährlich um den Faktor 2,5. Anfang 1999 betrug das Transfervolumen rund 80 TeraByte pro Monat- In fünf Jahren sind das bei gleicher Entwicklung 8000 TeraByte pro Monat. Dafür fehlen die technischen Voraussetzungen.
Francis Heylighen ist u. a. Associate Director des transdisziplinären Forschungszentrums Leo Apostel an der Freien Universität Bruxelles und Mitbegründer und -herausgeber des Principia Cybernetica Projekt, das die gemeinsame Entwicklung einer evolutionären und systemischen Philosophie anstrebt. Seine Vision: Virtuelle Agenten, Automatisierung von assoziativen Verknüpfungen und sich selbst verstärkende Lernprozesse könnten ein intelligentes Web schaffen. Es lernt von seinen Benutzern so, wie diese von ihm lernen. Mit direkten Schnittstellen zwischen Gehirn und Computer könnte ein Gehirn von Gehirnen, ein globales Supergehirn oder eine kollektive Intelligenz entstehen.
Nach der Erfindung der Eins-zu-Eins-Medien - Telefon - und der Eins-zu-Vielen-Medien - Radio und Fernsehen - war das letzte Jahrzehnt von der Ausbreitung von Kommunikationsnetzen, die viele mit vielen verbinden, geprägt. Es werden nicht mehr nur Sender und Empfänger, wie es bei den herkömmlichen Kommunikationsmedien üblich war, verbunden, die vernetzten Medien besitzen vielfältige Querverbindungen zwischen unterschiedlichen Kanälen. Die verschiedenen 'Knoten' des digitalen Netzwerks werden von Computern kontrolliert; das ermöglicht eine verbesserte Verarbeitung der gesammelten Daten und verstärkt so die Ähnlichkeit zwischen dem Netzwerk und dem Gehirn. Deswegen wird auch gern das weltweite Computernetz als 'globales Gehirn' bezeichnet.
Im menschlichen Gehirn entwickeln sich Wissen und Bedeutung über einen Prozeß des assoziativen Lernens. Begriffe, die regelmäßig zusammen auftreten, werden stärker verbunden (Hebbsches Gesetz für neuronale Netze). Im Internet findet ein solches Lernen durch die Vermittlung der Benutzer statt. Das Internet 'lernt'.
In den kommenden Jahren wird virtuell das Wissen der Menschen elektronisch auf Netzwerken verfügbar. Das World Wide Web wird dann durch in Ansätzen vorhandene, rasch weiterzuentwickelnde Mechanismen in ein intelligentes Netz verwandelt. Ein Netz, das den Benutzern auf einfache und intuitive Art und Weise Zugang zur Gesamtheit des menschlichen Wissens gewährt. Das Netz wird ähnlich dem menschlichen Gehirn arbeiten können, indem es von Assoziationen zwischen Dokumenten ausgeht, um die Ausbreitung von 'Gedanken' über das Netz zu steuern. Ein derartiges Gehirn wird dann das Nervensystem des sozialen Superorganismus bilden, des integrierten Systems, das von der ganzen menschlichen Gesellschaft gestaltet wird.
Auf der Reise nach hier(GPI-Symposium Ende Juni 1999 in Wien) las ich in der WELT vom 24. Juni 1999 unter der Überschrift: "Gedanken steuern Maschinen - Forscher wollen Nerven und Computerchips zusammenbringen" u. a.: "Die Steuerung von Maschinen durch Gedankenkraft wechselt aus dem Bereich der Science-Fiction in die ordentliche Wissenschaft. Forschergruppen in der ganzen Welt sind eifrig bemüht, Nervenzellen und Computerchips in engen Kontakt zu bringen. Die Idee ist bestechend einfach: Neuronen, Nervenzellen mit ihren Fortsätzen, funktionieren aufgrund ähnlicher Prinzipien wie Transistoren. Die Schaltkreise tauschen Informationen durch elektrische Impulse aus." Und weiter: "Das Max-Planck-Institut in Martinsried arbeitet derzeit daran, mehrere Zellen zusammenzuschalten und so ein kleines neurales Netzwerk zu konstruieren. Andere Forschergruppen wählen einen alternativen Zugang. Sie untersuchen, unter welchen Bedingungen Elektroden ins Gehirn eingepflanzt und für die Steuerung von bestimmten Apparaten genutzt werden können. So berichteten Mediziner der Emory-Universität in Atlanta, daß sie vollkommen gelähmten Menschen Elektroden implantiert hätten, mit denen die Patienten dann den Cursor eines Computers steuerten....Nach einigem Üben beherrschten die Patienten die Cursorsteuerung durch Gedankenkraft und konnten sich via Computer verständlich machen."
Dennoch sind die Forschungen weit von der praktischen Umsetzung entfernt.
MultiMedia geht aber die ersten Schritte auf dem Weg zu einem neuronalen
Netz. Die Jüngeren unter uns werden es erleben, daß der Computer
- ohne bedient werden zu müssen - unsere Gedanken und Ideen verarbeitet,
uns nur auf Befehl unseres Gehirns in virtuelle Museen und Bibliotheken
führt, unsere Manuskripte zu Papier bringt und vieles mehr.
...Und was kommt danach ?...
Ich führte schon aus, daß in der Zukunft nicht die Hardware das große Problem sein wird - sondern die Software. Bitte, gestatten Sie mir, mich noch einige Minuten mit dem mir sehr wichtig erscheinenden Thema zu beschäftigen: der Gefahr der informationellen Monokultur, ausgelöst durch die inzwischen fast zur Übermacht angewachsene Stärke des Softwaregiganten Microsoft. Dessen heutige Marktposition wurde nicht etwa aufgrund der innovativen Produkte erreicht. Die IT-Branche ist immer abhängiger von der Gates - Company geworden, weil sie es sich zum großen Teil viel zu leicht gemacht hat. Man entwickelte kaum noch oder überhaupt keine eigenen Strategien mehr, man stellte sie auf die Basis von Microsoft, "ging mit Microsoft ins Bett", wie beispielsweise Digital, Compaq, SNI, SAP und andere. Wieder andere verkauften an Microsoft, wurden freundlich oder auch feindlich übernommen. Die Kiste mit Tricks, Erpressungsversuchen, Einschüchterungen und anderem war groß, wie das Anti-Trust-Verfahren gegen Gates zeigt.
Das hat dazu beigetragen, dass die DV-Landschaft langsam zu einer Monokultur verkam, in der nur noch ein einziges Unternehmen das Tempo des Fortschritts bestimmte. Doch, erfreulicherweise nicht ganz ! Denn von dem Riesen Goliath lange wenig beachtet, gab es den Zwerg David, und der entwickelte seine freie Software unbeeindruckt weiter.
Im August 1998 wurden bei Microsoft intern und vertraulich
die sogenannten Halloween-Papiere erstellt, die sich mit den Vorteilen
und Schwächen freier Software beschäftigten. Diese Memoranden
des Konzerns, nach dem Bekanntwerden zunächst als interne technische
Diskussionsgrundlagen heruntergespielt, analysierten die Bedrohung vor
allem auf dem Markt für Server.
Der Erfolg der freien Software wird vor allem auf den frei zugänglichen
Code sowie auf die Dynamik und die Kommunikationsmöglichkeiten des
Internet zurückgeführt. Neben der ausführlichen Beschreibung
von Linux erwähnen die Autoren natürlich weitere Software-Pakete.
Zum Beispiel den häufig eingesetzten Web-Server Apache und das Programm
Sendmail. Die Papiere drücken der freien Software geradezu ein ,Gütesiegel'
auf, indem sie eine Vielzahl komplexer Aufgabenstellungen auflisten, bei
denen freie Software sich bewährt hat. Die Dokumente zeigen
verschiedene kommerzielle Office-Suiten für Linux und für die
Weiterentwicklung freier Software auf.
So sind Bild- und Textverarbeitungsprogramme in der Entwicklung. Die
inneren Vorzüge wie Stabilität, Trennung von Oberfläche
und Programmkern, Transparenz durch dokumentierte Schnittstellen, dürften
Microsoft auch weiterhin ins Grübeln bringen. Gerade vor zwei Wochen
demonstrierte auf einem Freie-Software-Kongress in Köln, den
ich mitveranstaltete, ein Anwendungsentwickler RTLinux. Nun können
auch mit freier Software anwendungsgerechte Lösungen programmiert
werden, um beispielsweise Industrieanlagen in Echtzeit zu steuern.
Das ZDF stellte unlängst fest: "Unbeeindruckt vom derzeitigen Siegeszug
von Microsoft-Windows wächst im Windschatten des Internet-Booms Konkurrenz
fuer den Quasi-Monopolisten heran. Das Vorzeige-Projekt der neuen Generation
von Open-Source-Software ist Linux, der Shooting-Star unter den Betriebssystemen".
Der entscheidende Unterschied zwischen Open-Source-Software und Produkten
herkömmlicher Art besteht darin, daß die freie Software nicht
nur in der Regel kostenlos ist, sondern jeder Nutzer das Recht hat, sie
nach seinen Bedürfnissen zu ändern, zu verbessern und beliebig
weiterzugeben. Es gibt nur eine Bedingung: Der Quellcode muß
frei sein, also ebenfalls zugänglich gemacht werden.
Junge Informationstechnik-Unternehmen setzen gerne auf Open-Source-Software.
Im vergangen Jahr wurde von Bonner Informatik-Studenten ein Internet-Dienstleistungsunternehmen
gegründet. Es war unter anderem der günstige Preis für das
Netzbetriebssystem, der die ersten Schritte in die Selbständigkeit
erleichterte. Die technischen Konzepte, die das junge Unternehmen zunächst
nur für den eigenen Bedarf entwickelt hatte, waren für
ein ,innerbetriebliches Schattendasein' zu gut.
Daniel Riek, Geschäftsführer der ID-Pro sagt: "Linux
hat sich als die zuverlässigste Serverplattform bewährt, und
wir haben keine Hemmungen, dieses System unseren Kunden auch als Datenbank-
und File-Server-Plattform zu empfehlen. Was zum Beispiel den sicherheitskritischen
Bereich der Firewalls angeht, schlägt Linux die Systeme konventioneller
Hersteller um Längen".
Es gibt gute Gründe, immer wieder freie Software als Alternative zur Gefahr der informationellen Monokultur aufzuzeigen. Ich bin nicht gegen Microsoft. Ich bin dagegen, daß Ministerpraesidenten und andere ,Meinungsbildner' Universitäten, Schulen, Behörden, Diensleister etc. verpflichten, ausschließlich mit Microsoft zusammenzuarbeiten, ohne die Folgekosten zu berücksichtigen. Ich bin dafür, die ,Meinungsbildner' zu verpflichten, die zum Teil bessere freie Software, die man - mehr oder weniger - kostenlos haben könnte, in die Überlegungen zumindest einzubeziehen.
Herausgeber/Redaktion/verantwortlich
im Sinne des Pressegesetzes: Siegfried Piotrowski, Postfach 27 42, D- 58027 Hagen Telefon und Telefax: + 49 (0) 2331 / 5 15 59, Mobilfunk 0171 / 4 19 19 18, Mobilfax 0171 / 4 19 19 77, E-Mail mailto:siegfried@piotrowski.de http://www.piotrowski.de http://www.europaklub.de http://www.europa-dokumentaro.de Layout:
Copyright © 1999 - 2000 All Rights Reserved.
|